Atomtechnologie für Saudis made in USA?

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Symbolbild. (c) APA/AFP/Saudi Royal Palace/BANDA (BANDAR AL-JALOUD)
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Nach dem Mord am Journalisten Khashoggi wächst Kritik an US-Gesprächen mit dem Königreich über den Bau von Reaktoren. „New York Times“ berichtet von Befürchtungen, die Saudis könnten nach Atomwaffen streben.

Wien/Washington. Donald Trump wird nicht müde, Saudiarabien als „wichtigen Verbündeten“ zu loben – und klarzustellen, dass er wegen des Mordes am Journalisten Jamal Khashoggi keine harten Schritte gegen das Königreich am Golf setzen wird. „Wollen die Leute wirklich, dass ich Hunderttausende Arbeitsplätze aufgebe?“, sagte Trump bei einer Pressekonferenz in Mar-al-Lago in Florida. „Ganz ehrlich: Wenn wir uns überall an diesen Standard halten, könnten wir niemanden mehr als Alliierten haben. Schaut nur, was überall in der Welt passiert.“

Zugleich wies Trump die jüngsten Berichte in Medien wie der „Washington Post“ und der türkischen „Hürriyet“ zurück. Diese hatten geschrieben, der US-Geheimdienst CIA habe Beweise für eine direkte Verstrickung des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman in den Mord an Khashoggi.

Doch die Kritik an der engen Beziehung zwischen dem US-Präsidenten und dem saudischen Königshaus reißt nicht ab. Und dabei geht es nicht nur um die Tötung Khashoggis im saudischen Konsulat in Istanbul Anfang Oktober. Die „New York Times“ berichtet nun über Verhandlungen zwischen der US-Regierung und den Saudis über US-Atomkraftwerke für die Golfmonarchie.

Streit um Nuklearbrennstoff

Der Deal könnte bis zu 80 Milliarden US-Dollar schwer sein – je nachdem, wie viele Kraftwerke Saudiarabien von den USA kaufen würden. Die Gespräche mit dem amerikanischen Energie- und Außenministerium wurden vom Kronprinzen selbst überwacht.

Laut „New York Times“ soll Saudiarabien darauf pochen, dass die Saudis den nuklearen Brennstoff für die Reaktoren selbst herstellen wollen. Und das ruft in den USA Bedenken hervor. Die Sorge: Saudiarabien könnte in Zukunft versuchen, das zivile Nuklearmaterial so zu modifizieren, dass es auch für ein Atomwaffenprogramm genutzt werden kann. Genau diesen Verdacht hat man schließlich international auch gegenüber dem Iran gehegt.

Was – so schildert es die „New York Times“ – dann endgültig die Alarmglocken habe schrillen lassen: Anfang des Jahres stellte Kronprinz bin Salman eine deutliche Drohung in den Raum. Sollte Saudiarabiens Erzfeind Iran tatsächlich eine Atombombe entwickeln, werde das Königreich so rasch als möglich nachziehen.

Schon in der Vergangenheit warnten Analysten, eine iranische Atombombe würde ein nukleares Wettrüsten am Golf in Gang setzen. Bisher war vermutet worden, die Atommacht Pakistan könnte notfalls Nuklearwaffen an Saudiarabien abgeben. Die Saudis hatten immerhin den Aufbau des pakistanischen Atomarsenals unterstützt.

Im US-Kongress formiert sich unterdessen Widerstand gegen eine mögliche Lieferung amerikanischer Nukleartechnologie an Saudiarabien. „Es ist eine Sache, ihnen Flugzeuge zu verkaufen. Aber es ist eine andere Sache, ihnen Atomwaffen zu verkaufen, oder die Kapazität, sie zu bauen“, sagte nun der demokratische Abgeordnete Brad Sherman zur „New York Times“. Sherman ist Mitglied des Außenpolitikausschusses des Repräsentantenhauses. „Ein Land, dem man nicht mit einer Knochensäge trauen kann, sollte man nicht mit Atomwaffen trauen“, meinte Sherman in Anspielung auf Meldungen, der Leichnam Khashoggis sei von einem saudischen Killerkommando mit einer Knochensäge zerteilt worden.

„Dann tun es eben andere“

Von der Trump-Regierung habe man keine Information zum derzeitigen Stand der Verhandlungen mit den Saudis erhalten, schreibt die „New York Times“. Klar sei, dass auch die USA die Saudis dazu überreden möchten, den Nuklearbrennstoff aus dem Ausland zu beziehen und nicht selbst herzustellen. Zugleich hätten US-Beamte aber auch mitgeteilt: Wenn nicht die USA Saudiarabien die Technologie für Atomreaktoren verkaufen, dann würden das eben andere Länder tun – etwa Russland, China oder Südkorea. (red./Reuters)

AUF EINEN BLICK

Die USA und Saudiarabien verhandeln über den Verkauf amerikanischer Nukleartechnologie an das Königreich. Saudiarabien könnte mit US-Hilfe eine Reihe von Atomkraftwerken errichten. Nach dem Mord am kritischen Journalisten Jamal Khashoggi wächst nun aber im US-Kongress die Kritik an einem solchen Geschäft. Das berichtet die „New York Times“. Dahinter stecke die Sorge, die Saudis könnten versuchen, an Atomwaffen zu kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2018)

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