Der GM-Kahlschlag blamiert Trump

Die US-Präsidentenlimousine ist ein Cadillac von GM. Aber Trump ist auf den Autobauer zurzeit nicht gut zu sprechen.
Die US-Präsidentenlimousine ist ein Cadillac von GM. Aber Trump ist auf den Autobauer zurzeit nicht gut zu sprechen. (c) CQ-Roll Call,Inc. (Bill Clark)
  • Drucken

Fünf US-Werke stilllegen, 15.000 Mitarbeiter abbauen: Was General Motors plant, passt so gar nicht zu den Wahlversprechen des Präsidenten. Dabei sind seine Strafzölle mit ein Grund dafür.

Wien/Washington. Das hörten die Bewohner von Warren gerne: „Wenn ich gewählt werde, werdet ihr kein einziges Werk verlieren“, rief ihnen der Präsidentschaftskandidat der Republikaner im Oktober 2016 zu. „Fabriken werden ins Land kommen, ihr werdet wieder Jobs haben, ich verspreche euch das!“ Die Verheißung fiel im Vorort der Autometropole Detroit auf fruchtbaren Boden. Dort, im Rostgürtel, der ältesten Industrieregion der USA, fand Donald Trump begeisterte Anhänger.

Sie setzten auf sein Programm, mit Drohen und Strafen, die klassische Industrie nach Amerika zurückzuholen. Jetzt schließt General Motors in Warren ein Getriebewerk. Es ist eine von fünf Fabriken, die der größte US-Autobauer in Nordamerika stilllegen will. Als Teil eines großen Sparprogramms, bei dem bis zu 15.000 Mitarbeiter abgebaut werden sollen – über zehn Prozent der Belegschaft.

Kein Wunder, dass der Präsident schäumt. GM solle seine Produktion in China stoppen und zu Hause „verdammt noch mal schnell eine neue Fabrik eröffnen“. Sonst habe Mary Barra „ein Problem“, drohte der Präsident der GM-Chefin unverhohlen. Seine Regierung prüfe derzeit, alle staatlichen Zuschüsse an GM einzustellen, legte Trump später auf Twitter nach. Es sieht aber nicht danach aus, als ob die kühl kalkulierende Managerin sich davon beeindrucken lassen würde. Sie hat in ihren vier Jahren an der Spitze des Konzerns schon viele Werke in aller Welt geschlossen, die wenig Gewinn abwarfen. Der verlustreichen Europasparte mit Opel und Vauxhall entledigte sie sich im Vorjahr mit hohen Kosten.

Aus der Pleite gelernt

Dass jetzt heimische Fabriken dran glauben müssen, hat auch mit Trumps Politik zu tun: Die Strafzölle auf Stahl und Aluminium verteuern Vorprodukte für Autohersteller empfindlich. Die Mehrkosten bei GM belaufen sich bereits auf eine Milliarde Dollar – ein „Gegenwind“, den Barra nicht besonders betont, aber auch nicht verheimlicht. Das Nafta-Folgeabkommen bremst den Handel mit Mexiko und Kanada weniger stark ein als befürchtet, macht aber in den Wertschöpfungsketten doch Probleme. Schlecht läuft es für GM in China. Dort leidet das Wirtschaftsklima auch unter dem Handelskrieg, den Trump gegen Peking angezettelt hat. Doch für sich genommen würde das alles kein so rigoroses Sparprogramm rechtfertigen. Denn GM geht es in Summe trotzdem gut, Gesamtumsatz und Gewinn sind auch im vergangenen Quartal gestiegen. Aber die Hochkonjunktur flaut auch in den Vereinigten Staaten langsam ab, die Verkaufszahlen für Autos gehen erstmals seit Langem zurück.

Vor zehn Jahren wäre GM fast ein Opfer der Finanzkrise geworden. Nur viele Milliarden an Steuergeld konnten das Unternehmen retten. Diese Schmach sitzt dem stolzen US-Marktführer bis heute in den Knochen. Die Lehre, die auch Barra daraus gezogen hat: die richtigen Weichen stellen, solange es noch gut geht und genügend Eigenmittel vorhanden sind.

Mittelklasselimousinen und Kleinwagen, die in Zeiten hoher Spritpreise ein Renner waren, sind heute Ladenhüter – und die Werke, die sie produzieren, nicht ausgelastet und damit unproduktiv. Aber auch in den SUVs und Pick-ups, die Amerikaner so lieben, sieht GM nicht die Zukunft. Barra schaufelt Kapital frei, um alles auf eine Karte zu setzen: Elektromobilität und autonomes Fahren.

Enttäuschte Anhänger

Eine durchaus riskante Wette, weil niemand weiß, wann der Markt dafür reif ist und Gewinne zu erzielen sind. Aber die ganze Branche marschiert in diese Richtung. Auch Ford schließt Werke für Standard-Pkws und investiert massiv in neue Technologien. Die Autos der Zukunft brauchen zudem weniger Arbeiter, die sie herstellen.

Die Trump-Anhänger im Rust Belt aber sind enttäuscht. So haben sie sich den Wiederaufstieg von Amerikas Industrie nicht vorgestellt. Nur die wenigsten, die ihren Job bei GM verlieren, bleiben arbeitslos. Es gibt für sie genug offene Stellen in anderen Branchen – aber vielleicht schlechter bezahlt. Denn die Arbeitslöhne in der Automobilindustrie zählen zu den höchsten im Land. Auch das ist ein Grund, wieso ihre Manager in den letzten zwei Jahrzehnten Hunderttausende Jobs mehr abgebaut als neue geschaffen haben.

Daran wird auch Trump nichts ändern. Wie auch sein fachmännischer Ratschlag, den er Barra am Telefon gegen „sinkende Absatzzahlen“ mitgegeben hat, nicht wirklich hilfreich ist: General Motors solle doch einfach ein Auto auf den Markt bringen, das sich in den USA gut verkaufen lässt.

AUF EINEN BLICK

General Motors hat ein rigoroses Sparprogramm angekündigt, dem Werke und Jobs zum Opfer fallen sollen. Das enttäuscht auch die Trump-Anhänger, denen der Präsident eine Renaissance der klassischen US-Industrie versprochen hatte. Ein Grund für die Pläne sind hohe Materialkosten durch Strafzölle. Wichtiger aber ist eine Neuausrichtung hin zur E-Mobilität.

(gau/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Geld & Finanzen

Trump droht mit höheren China-Zöllen - Auch Apple betroffen

US-Präsident Donald Trump demonstriert Härte im Handelsstreit mit China. Erstmals könnte das auch den Apple-Konzern treffen.
Unternehmen

Ob Apple oder GM - US-Konzerne fürchten Trumps Zollpolitik

Der von US-Präsident Donald Trump angezettelte Handelskrieg gegen China droht zum Bumerang für die eigene Wirtschaft zu werden.
Donald Trump ist sauer auf GM-Chefin Mary Barra
Unternehmen

"Verdammt noch mal": Trump attackiert General Motors

Die geplante Streichung Tausender Arbeitsplätze und mögliche Schließung mehrerer Werke beim größten US-Autobauer General Motors bringt Präsident Donald Trump in Rage.
Geld & Finanzen

Trump droht mit höheren China-Zöllen - Auch Apple betroffen

US-Präsident Donald Trump demonstriert Härte im Handelsstreit mit China. Erstmals könnte das auch den Apple-Konzern treffen.
Unternehmen

Trump droht General Motors mit Streichung von Fördermitteln

Als Reaktion auf den drastischen Sparplan von General Motors lässt US-Präsident Donald Trump die Einstellung aller staatlichen Zuschüsse für den Autobauer prüfen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.