"Endlich am Ziel": Italiens Parlament verabschiedet Budgetplan

APA/AFP/ALBERTO PIZZOLI
  • Drucken

Nach dem Grünen Licht der Abgeordnetenkammer kann der Budgetplan in Kraft treten, da er bereits vom Senat gebilligt worden war.

Nach vier Monaten heftigster Diskussionen und eines zähen Streits mit der EU-Kommission hat die italienische Regierung am Sonntag ihren umstrittenen Haushaltsplan unter Dach und Fach gebracht. Der Budgetplan, der unter anderem eine Pensionsreform und die Einführung einer Mindestsicherung vorsieht, wurde von der Abgeordnetenkammer mit 313 Stimmen gegen 70 abgesegnet.

Das Kabinett von Premier Giuseppe Conte hatte sich am Samstagabend in der Abgeordnetenkammer einem Vertrauensvotum zum Budgetplan unterzogen, um zahlreiche Abänderungsanträge zu umgehen. Nach dem Grünen Licht der Abgeordnetenkammer kann der Budgetplan in Kraft treten, da er bereits vom Senat gebilligt worden war. Gegen den Haushaltsplan stimmten die beiden rechten Oppositionsparteien "Brüder Italiens" (FdI) und die rechtskonservative Forza Italia. Die Parlamentarier der Demokratischen Partei (PD, stärkste Oppositionspartei) und der Linkskraft "Liberi e uguali" (LeU) beteiligten sich aus Protest nicht an der Abstimmung.

Nach der Verabschiedung des Haushaltsplans umarmte Premier Conte seine Minister unter tosendem Protest aus den Oppositionsreihen. Die Billigung des Budgetentwurfs gilt als größter Erfolg des seit sechs Monaten amtierenden Kabinetts aus der rechten Lega und der populistischen Fünf Sterne-Bewegung

Bei der Prüfung des Haushaltsplans, der verfassungsgemäß bis Jahresende gebilligt werden muss, war es in den letzten Tagen zu erheblichen Verzögerungen gekommen, was von den Oppositionskräften heftig kritisiert wurde. Die italienische Regierung hatte den Haushaltsentwurf ändern müssen, um ein EU-Strafverfahren abzuwenden. Mit der EU-Kommission hatte sich Premier Conte vor zwei Wochen darauf geeinigt, das Defizit 2019 von 2,4 auf 2,04 Prozent zu drücken.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici beobachtete aufmerksam die Abstimmung in der römischen Abgeordnetenkammer. "Italien hat nach langwierigen Diskussionen und schwierigen Momenten den Haushaltsplan verabschieden. Wir werden dessen Umsetzung genau beobachten. Der Dialog mit der EU-Kommission kreiste stets um die Einhaltung der gemeinsamen Regeln nicht um einzelne im Haushaltsplan enthaltene Maßnahmen", so Moscovici per Twitter.

"Endlich ans Ziel gelangt"

Premier Giuseppe Conte begrüßte die Verabschiedung des Haushaltsplans. "Die Italiener werden bald die positiven Auswirkungen dieses Haushaltsplans zu spüren bekommen", erklärte der Regierungschef.

Zufrieden zeigte sich auch Wirtschaftsminister Giovanni Tria. "Dieser Haushaltsplan ist der Budgetentwurf, den wir wollten. Wir sind mit viel Anstrengung und Entschlossenheit endlich ans Ziel gelangt", erklärte der Minister. Er dementierte Divergenzen mit den Parteichefs der Regierungskräfte Lega und Fünf Sterne-Bewegung, Matteo Salvini und Luigi Di Maio, die ihn laut unbestätigten Medienberichten an den Rande des Rücktritts getrieben haben sollen. Er habe niemals Demissionsabsichten gehabt, versicherte Tria.

"Dieser Haushaltsplan ist vom Volk für das Volk entworfen worden", kommentierte der Fraktionschef der Fünf Sterne-Bewegung in der Abgeordnetenkammer, Francesco Silvestri. Die Oppositionskräfte hatten davor gewarnt, dass der teure Haushaltsplan Italien in den Ruin treiben werde. Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi kündigte eine Protestaktion von "Blauwesten" im Jänner an. Blau ist die Farbe von Berlusconis rechtskonservativer Partei Forza Italia. Aus Protest gegen die Regierung trugen Berlusconis Parlamentarier blaue Warnwesten bei der Abstimmung zum Haushaltsentwurf in der Abgeordnetenkammer.

(APA/DPA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Premier Conte: "Italiens Wirtschaftslage ist solide"

"Italien ist die siebtstärkste Volkswirtschaft der Welt und die Ersparnisse der Italiener sind hoch", erklärte Conte bei einer Pressekonferenz zum Jahresende.
Spannungen im Trio: Vizepremier Salvini (Mitte) stellt Koalitionspartner Di Maio (l.) und Premier Conte in den Schatten.
Außenpolitik

Roms Budget und die Risse in der Koalition

Die Populistenregierung hat in letzter Minute ihren Budgetplan korrigiert und ein EU-Verfahren verhindert. Sie bleibt aber unter EU-Sonderbeobachtung. Die Pirouetten um den Etat haben die Bruchstellen in der Koalition offen gelegt.
Archivbild
Österreich

EU-Kommission und Italien einigen sich Budgetstreit

Die EU-Kommission verzichtet auf ein Strafverfahren. Die Opposition in Italien spricht von einem Debakel. Die Regierung spricht davon, auf Reformen nicht verzichten zu müssen.
Europa

Regierung in Rom begrüßt Einigung im Budgetstreit mit EU

Silvio Berluscon, Chef der oppositionellen Forza Italia, warnt vor einer Rezession.
BELGIUM-ITALY-EU-DIPLOMACY
Österreich

Italien einigt sich "informell" mit EU über Budgetentwurf

Die formelle Vereinbarung soll laut dem italienischen Wirtschaftsministerium am Mittwoch in Brüssel geschlossen werden. Italien legte einen neuen Plan vor, der jetzt zu einer "informellen" Einigung geführt hat.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.