Österreichischer Filmpreis: Eine Gala der Politik-Appelle

…STERREICHISCHER FILMPREIS 2019: INGRID BURKHARD (BESTE WEIBLICHE HAUPTROLLE IN ´DIE EINSIEDLER´ )/NICHOLAS OFCZAREK
…STERREICHISCHER FILMPREIS 2019: INGRID BURKHARD (BESTE WEIBLICHE HAUPTROLLE IN ´DIE EINSIEDLER´ )/NICHOLAS OFCZAREK(c) APA/HANS PUNZ
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Die heimische Filmbranche feierte am Mittwoch ihre Leistungen – und nutzte das Fest für ausgiebige Regierungskritik.

Eine „brachiale Kurzangebundenheit“ hatten sich die Moderatoren der heurigen Filmpreisgala auferlegt: „Wir lassen die reden, die etwas zu sagen haben“, sprach Burgschauspielerin Caroline Peters, und ihr Kollege Nicholas Ofczarek, der kurzfristig für den erkrankten, als Überraschungsmoderator vorgesehenen Christoph Grissemann eingesprungen war, wirkte auf die gespannten Nominierten gleich zu Beginn mit einem Diktum ein, das wohl als Versuch einer paradoxen Intervention zu werten war: „Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Danksagungen!“

So war die neunte Verleihung der Österreichischen Filmpreise am Mittwochabend im Wiener Rathaus nicht von Witzen der Präsentatoren geprägt, sondern von den Worten der Preisträger. Diese nutzten die Bühne vorwiegend für nachdrückliche politische Ermahnungen. Ruth Beckermann, deren „Waldheims Walzer“ als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde, erzählte, dass ihr Film vor einem Jahr noch schockierend aktuell gewirkt habe – nun habe „die Wirklichkeit den Film überholt. Die ÖVP ist von Waldheim zu Waldhäusl gekommen. Vom Heim zum Häusl.“ Auch im zum besten Spielfilm gekürten Gerichtsdrama „Murer“ geht es darum, wie das Nachkriegsösterreich mit den dunkeln Kapiteln der NS-Zeit umgegangen ist. Regisseur Christian Frosch dankte „der Regierung, dass sie das Thema unseres Films immer aktuell hält“.

„Aufmüpfige Individualisten“

Vor einer „Brutalisierung der Sprache“ warnte der Schriftsteller Martin Pollack in einer Rede, die Peter Simonischek vorlas; die im Vorjahr gegründete Initiative „Klappe auf“ beklagte, dass die Regierung das gesellschaftliche Klima vergifte und bei den Ärmsten spare. Die 87-jährige Ingrid Burkhard, die für die Rolle einer Südtiroler Bergbäuerin in „Die Einsiedler“ als beste Hauptdarstellerin prämiert wurde, sprach sich dafür aus, Politik nicht nur in einem Saal voller gleichgesinnter „aufmüpfiger Individualisten“ zu diskutieren („ein warmes Bad“), sondern draußen.

Rund 500 Mitglieder hat die Akademie des österreichischen Films, die erst innerhalb ihrer Berufsgruppen (z. B. Schnitt, Kostümbild, Schauspiel) die Nominierungen wählen, bevor aus diesen dann alle Mitglieder die Gewinner küren: Wie der Oscar, bei dem dasselbe System gilt, ist der Österreichische Filmpreis also eine Auszeichnung, mit der die Filmbranche ihre eigenen Leistungen feiert. Dazu gesellten sich in den Festsaal auch zahlreiche Nichtnominierte: darunter Erni Mangold, Michael Ostrowski, Hilde Dalik.

„Abspann bitte langsamer“

Und wo es nicht um Politik ging, drehte sich die Gala darum, die Kunst und das Handwerk zu würdigen, die in einen Film einfließen – auch, wenn das nicht immer gesehen wird. Tanja Hausner (bestes Kostümbild für „Angelo“) erzählte vom schwierigen Unterfangen, historische Schnitte tragbar zu machen: „Es durfte nicht maschinell aussehen.“ Die beiden Szenenbildner des Films, Andreas Sobotka und Martin Reiter, erinnerten sich, wie sie zusammen vor 30 Jahren als kleine Requisiteure bei den Salzburger Festspielen begonnen hatten. Und Inge Maux (beste Nebenrolle in „Murer“) regte an, eine Preiskategorie für die besten Caster zu schaffen.

Viel Wohlwollen erntete da Bürgermeister Michael Ludwig, der sich als großer Filmfan erklärte – und wünschte, „dass man den Abspann ein bisschen langsamer macht“. Man soll sie ja lesen können, die vielen Namen, die den österreichischen Film ausmachen.

Die Preisträger

Bester Spielfilm: „Murer – Anatomie eines Prozesses“ von Christian Frosch. Bester Dokumentarfilm: „Waldheims Walzer“ von Ruth Beckermann. Beste Hauptrolle: Ingrid Burkhard in „Die Einsiedler“, Laurence Rupp in „Cops“. Beste Nebenrolle: Inge Maux in „Murer“, Anton Noori in „Cops“. Beste Regie: Wolfgang Fischer („Styx“). Bestes Drehbuch: Wolfgang Fischer, Ika Künzel („Styx“). Preise für Kostümbild, Maske und Szenenbild: „Angelo“. Tongestaltung: „Cops“. Kamera: „Die Einsiedler“. Musik: „L'Animale“. Schnitt: „Styx“. Kurzfilm: „Entschuldigung, ich suche den Tischtennisraum und meine Freundin“ von Bernhard Wenger.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2019)

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