Mit Stefan Koubek und Nicolás Massú sitzen zwei Exprofis beim Daviscup zwischen Österreich und Chile als Kapitäne auf der Bank. Jurij Rodionov (19) eröffnet.
Salzburg/Wien. Eigentlich hätte Jurij Rodionov diese Woche fernab jeglichen Daviscup-Trubels beim Challengerturnier im französischen Quimper in der Bretagne spielen sollen. Die Absage von Dominic Thiem und ein Anruf von Kapitän Stefan Koubek aber änderten sämtliche Pläne. Rodionov wird heute (15 Uhr, live auf ORF Sport plus) gegen den Weltranglisten-41., Nicolás Jarry, den Länderkampf gegen Chile in Salzburg eröffnen, danach folgt das zweite Einzel des Tages zwischen Österreichs Nummer eins, Dennis Novak, und Christian Garín.
Der erst 19-jährige Rodionov steht dabei vor einer gewaltigen Prüfung und bei seinem Daviscup-Debüt mit Jarry zugleich einem Top-50-Spieler auf dessen Lieblingsbelag, Sand, gegenüber. Eine gewisse Nervosität könne er vor dem ersten Aufschlag nicht leugnen, erklärte Rodionov am Rande der Auslosung Donnerstagvormittag am Flughafen Salzburg. Auch Koubek hatte im Training eine erhöhte Anspannung bemerkt. „Ich werde noch mit ihm reden. Ich hoffe, es legt sich“, erklärte der Kärntner. Der Weltranglisten-197., Rodionov, betritt in der Salzburgarena Neuland. Noch nie hat er vor mehr Zuschauern Tennis gespielt, noch nie hat er sich mit einem besser klassierten Spieler als dem 1,98 Meter großen Jarry gemessen.
Seit seinem Umstieg von den Junioren auf die Profitour im Vorjahr war der Linkshänder meist bei Challengerturnieren anzutreffen. Sein erstes und bislang einziges Hauptbewerbsspiel auf der ATP-Tour bestritt er nach gemeisterter Qualifikation in Kitzbühel. Auf der anderen Seite des Platzes stand ausgerechnet Daviscup-Teamkollege Novak, der in drei Sätzen gewann. Rodionov und Novak sind „in jeder Partie Außenseiter“, wie Letzterer betonte, mit der Unterstützung der 4500 Fans in der ausverkauften Halle aber sei vieles möglich. „Das wird die Extraprozente aus mir herauskitzeln“, glaubt Rodionov.
Daviscup-Duelle der Gegenwart erinnern oftmals an die Vergangenheit, das ist beim Vergleich zwischen Österreich und Chile nicht anders. Mit Stefan Koubek und Nicolás Massú sind zwei altbekannte Gesichter als Kapitäne mit an Bord.
Revanche auf der Trainerbank
Massú, die ehemalige Nummer neun der Weltrangliste, gewann bei den Olympischen Spielen in Athen 2004 sensationell Gold in Einzel und Doppel – und hielt sich in allen drei Duellen mit Koubek schadlos.
Das letzte Match der beiden fand vor zehn Jahren in der Rodeo-Arena von Rancagua statt, ein klassischer Daviscup-Kampf. Nach über fünf Stunden setzte sich Massu vor frenetischen Heimfans im entscheidenden Einzel mit 7:6 im vierten Satz durch. Auch Jürgen Melzer, diesmal für das Doppel mit Oliver Marach nominiert, verlor damals sein Einzel gegen Massú. Der 37-jährige Melzer ist ein logischer Daviscup-Kapitän der Zukunft, niemand hat für Österreich mehr Matches bestritten als der Deutsch-Wagramer (75). Dabei sind es nicht immer ehemalige Spieler aus der ersten Reihe, die bei ihren Daviscup-Teams das Sagen haben. Der Russe Schamil Tarpischtschew etwa war einst der persönliche Coach des bekennenden Tennisfans Boris Jelzin, aber nie besser klassiert als 164. Schweden hat Größen wie Björn Borg, Stefan Edberg oder Mats Wilander hervorgebracht, vertraut aber auf den völlig unbekannten Johan Hedsberg, der nie Profi war und aktuell die schwedische Nachwuchshoffnung Mikael Ymer trainiert.
In Deutschland wollte Boris Becker nie Daviscup-Kapitän sein, Michael Stich war es nur kurz, seit vier Jahren gibt der frühere Doppelspezialist Michael Kohlmann die Kommandos. Von den insgesamt 30 Weltgruppennationen setzen sonst einzig Australien (Lleyton Hewitt), Spanien (Sergi Bruguera), Argentinien (Gastón Gaudio) und mit Abstrichen die Schweiz (Federer-Coach Severin Lüthi) auf große Namen.
Daviscup Österreich – Chile
Freitag ab 15 Uhr: Rodionov – Jarry, Novak – Garín
Samstag ab 13 Uhr: Marach/Melzer, Peralta/Podlipnik, Novak – Jarry, Rodionov – Garín
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2019)