Salzburger Flüchtlingspfarrer regt Stärkung von Kirchenasyl an

Kirchen und Länder könnten eine Duldungsregelung mit der Bundesregierung ausverhandeln, meint Pfarrer Alois Dürlinger, Sprecher des Salzburger Erzbischofs.

Nach der Ausreise des vor der Abschiebung stehenden pakistanischen Lehrlings Ali Wajid nach Kenia am vergangenen Donnerstag hat der Sprecher des Salzburger Erzbischofs in Flüchtlingsfragen, Pfarrer Alois Dürlinger, eine Stärkung des Kirchenasyls in Österreich angeregt. Der Dechant hatte den 23-Jährigen nach Nairobi begleitet und gab nach seine Rückkehr am Mittwoch eine Pressekonferenz.

"Ali Wajid steht stellvertretend für viel andere", sagte Dürlinger und nannte ein Beispiel aus dem Pinzgau. Dort habe ein Bäcker jahrelang einen Lehrling gesucht und dann einen Flüchtling eingestellt, der sich für die Arbeit interessierte. "Doch nach einem dreiviertel Jahr ist der Mitarbeiter plötzlich von der Bildfläche verschwunden, weil er abgeschoben wurde." Er selbst habe noch niemanden getroffen, der diesen Schritt offen gut geheißen hat, erzählte Dürlinger.

Er verwies heute auf Deutschland, wo die Kirche befristete Duldungsregelungen ausverhandelt habe, wenn auch ohne Rechtsgrundlage und Rechtsanspruch. "Kirchenasyl dient dort vor allem der Wiederaufnahme oder der erneuten Überprüfung von Asylverfahren", sagte Dürlinger. Einem Bericht der deutschen "Zeit" (Online-Ausgabe) zufolge konnten etwa im ersten Quartal 2018 in Deutschland 498 Abschiebungen durch Kirchenasyl verzögert oder verhindert werden. Die Maßnahme habe allerdings seit der Einführung von Härtefallkommissionen an Bedeutung verloren.

Keine Härtefallkommission wie in Deutschland

"Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Österreich aber keine Härtefallkommissionen", betonte Dürlinger. Er regte darum an, dass auf föderaler Ebene die Landeshauptleute und die Diözesen aufeinander zugehen sollten, um dann ein gemeinsames Votum an die Bundesregierung zu richten. "Vielleicht kommt man dann irgendwann von der Linie ab, wen kann man noch abschieben, hin zu einem, wen kann man noch behalten." Das sei nicht nur im Sinne der Menschenwürde der Betroffenen, sondern auch im Sinne des Wohles des Landes. "Das wäre eine Win-Win-Situation hoch 3. Aber diese Einsicht dringt nicht nach Wien durch. Von dort kommen nur negative Signale."

Viele würden sich auch am Namen Kirchenasyl stoßen. "Es ist aber egal, wie man diese humanitäre Hilfestellungen nennen will. Es geht um einen Zeitgewinn im Schutz der Kirche." Dem Anlassfall, Ali Wajid, möchte man von Kenia aus nun über die Mangelberufsliste die Wiedereinreise nach Österreich ermöglichen - "etwa als Zimmerbursche oder Tellerwäscher". Man prüfe auch die Möglichkeit, einen erneuten Asylantrag zu stellen. "Mit einer Rot-Weiß-Rot-Card dürfen aber nur Fachkräfte mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung nach Österreich kommen. Die hat er nicht", betonte Dürlinger am Mittwoch. Für den jungen Pakistani läuft damit die Zeit: Sein Touristenvisum für Kenia ist maximal drei Monate gültig.

(APA)

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