Regierungen und Europaparlament verhandeln über politisch heikle Gasrichtlinie.
Brüssel. Haben die EU-Staaten am Freitag in Brüssel die letzte Hürde für den Bau der Gasleitung Nord Stream 2 beseitigt? Obwohl der Text des von allen (mit Ausnahme Bulgariens) EU-Botschaftern angenommenen Kompromisses zur Novellierung der EU-Gasrichtlinie noch nicht öffentlich zugänglich war, war dies der Tenor so gut wie aller Reaktionen. Am Donnerstag hatte ein Zeitungsbericht den Eindruck erweckt, Frankreich trete nun plötzlich für eine Reform dieser Richtlinie ein, wodurch Bau und Betrieb der vom russischen Konzern Gazprom und europäischen Unternehmen (auch der OMV) finanzierten Pipeline direkter Aufsicht der Kommission unterworfen würde.
„Gasventile als Waffen“
Schnell wurde über eine deutsch-französische Krise orakelt. Ebenso schnell verpuffte diese Aufregung. Nun soll, wie es der „Presse“ aus Ratskreisen erklärt wurde, jenes Land, auf dessen Boden die zuerst auf EU-Boden anlandet, gegenüber dem Drittstaat, aus dem sie kommt, für die Einhaltung des EU-Rechts verantwortlich sein. Das wäre bei Nord Stream 2 Deutschland. Auch die Trennung von Gasversorgung und Betrieb der Leitung (das „Unbundling“) gehöre dazu: das jedoch widerstrebt Moskau.
Die Position des Europaparlaments, mit dem sich der Rat am Dienstag in Straßburg einigen muss, ist geprägt von der Sorge wachsender Abhängigkeit von Russland. „Zu oft werden Gasventile als Waffen verwendet“, warnte sein Verhandlungsführer, der frühere polnische Ministerpräsident Jerzy Buzek, voriges Jahr. Am Freitag teilte er mit, er zähle auf „konstruktive“ Verhandlungen mit dem Rat. (GO)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2019)