Venezuela-Krise: Alle Optionen gegen Maduro offen

Nach der Schlacht auf der Simon Bolivar Grenzbrücke: Massenhaft Steine, aber keine Hilfsgüter.
Nach der Schlacht auf der Simon Bolivar Grenzbrücke: Massenhaft Steine, aber keine Hilfsgüter.(c) REUTERS (MARCO BELLO)
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Die Rufe nach einer Entmachtung des Regimes in Caracas werden immer lauter und immer mehr. Aber das Militär, Russland, China und Kuba stehen weiter hinter ihm.

Caracas/Washington. Seitdem das venezolanische Militär und regimetreue Banden am Wochenende die Lieferung von Hilfsgütern an die darbende Bevölkerung des Landes an der Grenze zu Brasilien gewaltsam verhindert hatten, nimmt der internationale Druck auf Machthaber Nicolás Maduro weiter zu. Die USA drohten mit verschärften Sanktionen gegen das Maduro-Regime. Brasilien, das Schwergewicht Südamerikas, rief die internationale Gemeinschaft auf, sich an einem „Befreiungsakt“ in Venezuela zu beteiligen. Dagegen warnte die chinesische Führung dringend vor einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas.

Die Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Anhängern des selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó an der Grenze zu Brasilien forderten mindestens vier Todesopfer und mehr als 300 Verletzte. Zwar soll es auch am Wochenende wieder rund 100 Desertionen aus dem Sicherheitsapparat gegeben haben, doch die große Hoffnung Guaidós, dass das Militär in Massen in sein Lager überlaufen und die Hilfslieferungen passieren lassen würde, erfüllte sich nicht. Umso mehr setzt Guaidó jetzt auf die internationale Gemeinschaft, die er erneut aufforderte, für die Befreiung Venezuelas von Maduro und Co. „alle Optionen offenzuhalten“.

EU lehnt militärische Intervention ab

Am Montag traf sich in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá die Lima-Gruppe, der von Kanada bis Argentinien 13 amerikanische Staaten angehören, die das Maduro-Regime ablehnen. An dem Treffen in Bogotá nahmen auch Guaidó und US-Vizepräsident Mike Pence teil, der sich in heiklen außenpolitischen Fragen immer wieder als besonderer Scharfmacher positioniert. „Es ist Zeit für ein freies und demokratisches Venezuela“, twitterte er vor seinem Abflug nach Kolumbien. Und US-Außenminister Mike Pompeo erklärte in einem TV-Interview, die Tage Maduros seien gezählt, wobei zu seiner Entmachtung alle Optionen – auch die militärische – auf dem Tisch seien.

Dagegen hieß es am Montag vonseiten der EU: „Eine militärische Intervention muss vermieden werden.“ Aus dem Berliner Außenministerium verlautete, man müsse den Druck auf das Regime in Caracas vielmehr durch gezielte Strafmaßnahmen gegen Maduro und ihm nahe stehende Personen erhöhen; Sanktionen dürften aber nicht das Leben venezolanischer Bürger weiter verschlechtern. Auch der Chef des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister, sprach sich für personenbezogene Sanktionen gegen venezolanische Politiker, Spitzenbeamte und Militärs aus.

Maduro kann sich weiter auf die Rückendeckung Russlands, Chinas und Kubas verlassen. Kubas Präsident Miguel Diaz-Canel sieht Venezuela als Opfer des US-Imperialismus, der versuche, in Lateinamerika den Neoliberalismus zu etablieren. Das chinesische Außenministerium teilte am Montag mit, die Volksrepublik lehne es ab, wenn „sogenannte humanitäre Hilfen“ für politische Zwecke missbraucht würden. Die Souveränität Venezuelas müsse respektiert werden. Viel wichtiger als die Einmischung in interne Angelegenheiten wäre es, wenn die internationale Gemeinschaft mehr tun würde, um die Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung Venezuelas zu fördern. Sowohl China wie auch Russland haben in den letzten Jahren große Summen in den Energiesektor des Krisenstaates investiert.

Duque: „Maduros Diktatur belagern“

Brasilien war jahrelang unter linken Regierungen ein Verbündeter Maduros wie auch seines Vorgängers Hugo Chávez. Seit dem Amtsantritt des rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro Anfang des Jahres hat Brasilien eine scharfe Kehrtwende vollzogen und agitiert nun gegen das Maduro-Regime. Kolumbiens Präsident Ivan Duque geißelte zuletzt das „barbarische Vorgehen“ der Sicherheitskräfte im Nachbarland und spricht sich für eine „diplomatische Belagerung der Diktatur in Venezuela“ aus. Die Hälfte der 3,4 Millionen Venezolaner, die vor Armut und Repression geflohen sind, haben in Kolumbien Zuflucht gefunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2019)

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