Der Ausbruch von Vulkanen hat die Menschen immer fasziniert. Mythische Erklärungen wurden durch wissenschaftliche abgelöst - doch auch diese sind nicht endgültig.
Dass Vulkanausbrüche die Menschen zu allen Zeiten erschreckt und verstört haben, ist gerade jetzt gut nachvollziehbar. Und ebenso verständlich ist es, dass man in den gewaltigen frei werdenden Energien das Wirken übernatürlicher Kräfte vermutete. Die alten Griechen schufen einen eigenen Gott als Urheber des Phänomens – Hephaistos –, die alten Germanen den Feuergott Loki.
Doch schon im antiken Griechenland schauten manche hinter das Phänomen und suchten nach „irdischen“ Erklärungen. Empedokles interpretierte Vulkane als Manifestation eines der vier Elemente (Erde, Luft, Feuer und Wasser), Platon berichtet von Feuerströmen im Erdinneren, Aristoteles sah als Ursache dafür Winde im Erdinneren. Letzterer Erklärungsansatz hielt sich bis in die Renaissance.
Der Mainstream blieb aber unverändert die mythische Erklärung für Vulkanismus, die stets etwas mit dem Zorn Gottes und dem Wirken des Satans zu tun hat. Das Christentum hatte folgerichtig auch ein probates Mittel dagegen: Aus dem Jahr 253 ist z.B. überliefert, dass die Menschen aus Catania mit Reliquien der heiligen Agatha den Lavaströmen des Ätna entgegenzogen – und in der Tat wurde die Stadt von der Zerstörung verschont. 1669 probierte man das in der Überzeugung der Effektivität wieder – doch es wirkte nicht, Catania wurde großteils zerstört, und das, obwohl man wenige Jahre vorher beim Vesuv Pyroxenkristalle in Kreuzform gefunden hatte!
Viele Theorien. Zu dieser Zeit hatten Naturforscher bereits eine Reihe von Theorien über die Vorgänge im Inneren der Erde formuliert. Der Streit zwischen „Plutonisten“ und „Neptunisten“ zwischen 1790 und 1830 führte schließlich zur Entstehung der modernen Geologie – dabei waren an vorderster Front die beiden österreichischen Forscher Eduard Suess und Alfred Wegener beteiligt. Dann schien die Sache klar: Vulkanismus ist die Folge von Vorgängen im Erdinneren – Magma steigt aus dem Erdinneren auf und gelangt irgendwann ins Freie.
Die Vulkanologie ist allerdings ein gutes Beispiel dafür, dass Ergebnisse der Wissenschaft immer vorläufig sind. Denn die bis vor zwei, drei Jahrzehnten geläufige Meinung, dass Vulkanausbrüche ausschließlich von Vorgängen im Erdinneren ausgelöst werden, wird immer brüchiger. Heute gehen viele Forscher davon aus, dass die meisten Ausbrüche von äußeren Vorgängen ausgelöst werden. Allen voran die Vermischung von Gesteinsschmelzen mit Wasser: Stößt Grund-, Schmelz- oder Meereswasser auf Magma oder auf heißes Gestein, dann verdampft es schlagartig und befördert explosionsartig Gesteinsmaterial in die Atmosphäre.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2010)