Der in Wien festgenommene Mann soll in Deutschland zwei Anschläge auf Bahnstrecken verübt haben. Mit Stahlseilen, Holzkeilen und beschädigten Leitungen sollten die Züge in Bayern und Berlin gestoppt werden.
Es war ein Anschlag, von dem zunächst niemand etwas mitbekam. Nur der Lokführer des ICE-Zugs, der in der Nacht des 7. Oktobers 2018 zwischen Nürnberg und München unterwegs war, hatte ein verdächtiges Geräusch bemerkt und am Ende seiner Fahrt den Schaden an der Frontscheibe des Zug entdeckt. Die Deutsche Bahn registrierte lediglich einen Kurzschluss.
Erst drei Wochen später wurde bekannt, dass der Vorfall ganz und gar nicht harmlos war - und offenbar darauf abzielte, zahlreiche Menschen zu töten. Verübt haben soll den Anschlag der Iraker, der am Montag in Wien verhaftet wurde. Auch für einen weiteren versuchten Anschlag in Berlin im Dezember vergangenen Jahres soll er verantwortlich sein.
Bayern: Stahlseil über Gleise gespannt
Doch was genau war in Deutschland passiert? Der erste Vorfall ereignete sich gegen 23.15 Uhr am 7. Oktober. Auf der Höhe des mittelfränkischen Allersberg hörte der Zugführer verdächtige Geräusche. Da er keine technischen Probleme feststellte, setzte der Lokführer die Fahrt nach München fort. Die Fahrgäste bekamen von dem Zwischenfall nichts mit. Am Endbahnhof kontrollierte der Lokführer dann den Zug und entdeckte leichte Schäden an der Frontscheibe des Waggons.
Das Bayerische Landeskriminalamt ermittelte, und fand Holz- und Eisenteile auf der Strecke. Bald war klar: Mit einem Stahlseil über den Gleisen und auf den Schienen angebrachte, mit Metallteilen verstärkte Holzkeile sollte der ICE gestoppt und vermutlich zum Entgleisen gebracht werden. Der ICE überfuhr jedoch die Hindernisse, sodass niemand zu Schaden kam.
Die Ermittler stießen am Tatort aber auch auf ein Drohschreiben in arabischer Sprache und ein arabisches Graffiti auf einem Brückenpfeiler. Der Brief war allgemein gehalten, ohne auf ein konkretes Ereignis hinzuweisen, es enthielt jedoch "abstrakte Drohungen", wie ein Sprecher der bayerischen Polizei erklärte. Von einem terroristischen Akt ging damals niemand aus. Der Vorfall wurde als "gefährlicher Eingriff in den Schienenverkehr" eingeordnet. Dennoch übernahm die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus die Ermittlungen.
Berlin: IS-Flagge an Bahntrasse gefunden
Zwei Monate später, diesmal in Berlin: Am 23. Dezember gibt es Leitungsprobleme. Beim Regionalbahn- und S-Bahn-Verkehr kommt es an diesem Sonntagmittag zu Zugausfällen, Verspätungen und Umleitungen. Schuld ist ein Oberleitungsschaden im Berliner Ortsteil Lichtenberg. Der Grund: ein gerissenes Halteseil, ein beschädigtes Versorgungskabel und Betonplatten auf den Gleisen. Abermals wird ermittelt, diesmal findet die Polizei an der Bahnstrecke eine Flagge der Terrormiliz IS sowie Schriftstücke mit arabischen Zeichen. Deutsche Medien berichten außerdem von einem Wurfanker und etwa 60 Flugblättern.
Die Polizei prüften die Zusammenhänge der beiden Vorfälle. Die Ermittlungen führten sie nach Wien-Simmering. Nun sind Bayerische und Berliner Ermittler in Wien, um an der Vernehmung des dort festgenommenen Mannes teilzunehmen und die österreichischen Ermittler zu unterstützen.
Bei den zwei versuchten Anschlägen waren nur durch Glück keine Menschen zu Schaden gekommen. Es sei bloß aufgrund eines technischen Fehlers nicht zur geplanten Tötung von Menschen gekommen, teilte die Staatsanwaltschaft Wien mit. Dass der Zug trotz Betonplatten auf den Gleisen nicht entgleiste, war der Staatsanwaltschaft zufolge einem „glücklichen Umstand“ zu verdanken. Die Betonplatten dürften auf den Gleisen also nicht so platziert worden sein, dass sie zur Entgleisung des Zugs führten. Was genau der „glückliche Umstand“ war, wollte man aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen.
(twi)