Was die Flugaufsicht noch zum Boeing-Crash sagen wollte

Die Boeing 737 MAX 8 hat aktuell Flugverbot.
Die Boeing 737 MAX 8 hat aktuell Flugverbot. Mike Blake
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Die US-Flugaufsicht steht seit den verheerenden Boeing-Abstürzen in der Kritik. Nun musste ihr Leiter dem US-Senat Rede und Antwort stehen.

Wenn der gleiche Flugzeug-Typ zwei Mal innerhalb weniger Monate abstürzt, dann wirft das Fragen auf. Am Mittwoch musste sich die US-Flugaufsicht vor dem Senat verantworten. Genau genommen ihr amtierender Leiter Daniel Elwell. Die Anhörung dauerte zweieinhalb Stunden - die für den Ex-Piloten der US-Airforce nicht gerade angenehm gewesen sein dürften.

Die Luftfahrtbehörde war nach den zwei Abstürzen der Boeing-Maschinen in Indonesien und Äthiopien massiv unter Druck geraten. Der Vorwurf lautet, dass die Flugaufsicht der Branche, die sie kontrolliert, zu nahe steht. Boeing pflegt traditionell einen engen Draht zu den Behörden und zählt zu den US-Konzernen, die sehr hohen Lobbyaufwand betreiben. Die FAA wird verdächtigt, bei der Zertifizierung ein Auge zugedrückt zu haben, wichtige Teile der Sicherheitsprüfungen wurden dem Konzern selbst überlassen. Der Fall wird bereits vom Verkehrsministerium untersucht.

Der amtierende FAA-Chef Daniel Elwell.
Der amtierende FAA-Chef Daniel Elwell.

Elwell verteidigte die Zulassungspraxis für neue Flugzeuge vor dem Senat. Der amtierende Behördenleiter sagte dem Senatsausschuss, diese seit 60 Jahren verfolgte Praxis habe dazu beigetragen, das Fliegen so sicher zu machen, wie es heute sei. Müsste die FAA alle Zulassungsaufgaben alleine ausführen, würde die Behörde laut Elwell rund 10.000 mehr Mitarbeiter und zusätzliche Mittel in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar (1,6 Milliarden Dollar) benötigen.

Elwell betonte, die FAA übe strikte Kontrolle über die delegierten Zertifizierungsaufgaben aus. Diese Praxis werde weltweit angewandt. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) verlasse sich darauf noch stärker als die FAA. Der demokratische Senator Richard Blumenthal hielt Elwell bei der Anhörung vor, die FAA lagere Sicherheitsfragen an die Hersteller von Flugzeugen aus. Die Behörde habe entschieden, "den Bock zum Gärtner zu machen".

Boeing präsentiert Sicherheitsupdate

Boeing stellte derweil dringend erwartete Sicherheitsmaßnahmen für seine Unglücksflieger vom Typ 737 Max und deren umstrittene Steuerungs-Software MCAS vor. Der Flugzeugbauer präsentierte in seinem Werk in Renton nahe Seattle im US-Bundesstaat Washington vor mehr als 200 Piloten, Technikern und Regulierern ein Update seiner umstrittenen Steuerungs-Software MCAS und weitere zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen für den Flugzeugtyp 737 Max. Neben dem Software-Update will Boeing die Sicherheit der Unglücksflieger der 737-Max-Serie mit weiteren Alarmfunktionen im Cockpit und zusätzlichem Training für Piloten erhöhen.

"Wir arbeiten mit Kunden und Regulierern weltweit zusammen, um das Vertrauen in die Industrie wieder herzustellen", sagte Boeings  Entwicklungschef Mike Sinnett in einer Konferenzschalte vor der Info-Veranstaltung. Die Sicherheitsmaßnahmen müssen jedoch noch von den Aufsichtsbehörden genehmigt werden. Bis wann dies geschehe, sei derzeit noch nicht abzusehen, sagte Sinnett. Auch die FAA hat dazu
bisher keine konkreten Angaben gemacht.

Boeing stellt neue Sicherheitsmaßnahmen vor.
Boeing stellt neue Sicherheitsmaßnahmen vor. LINDSEY WASSON

Boeings MCAS-System spielte laut Unfallermittlern eine entscheidende Rolle beim Absturz einer 737 Max 8 Ende Oktober in Indonesien. Der Bordcomputer soll die Nase des Jets automatisch immer wieder nach unten gedrückt haben, während die Crew vergeblich gegenzusteuern versuchte. Auch beim jüngsten Crash einer baugleichen Maschine in Äthiopien gilt die Software als eine mögliche Ursache. Bei den beiden Abstürzen waren insgesamt 346 Menschen ums Leben gekommen.

(APA/dpa)

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