"Muslim Fashions"-Ausstellung: Ein Schlag gegen Frauenrechte?

Die muslimische Modeausstellung "Contemporary Muslim Fashions" polarisiert.
Die muslimische Modeausstellung "Contemporary Muslim Fashions" polarisiert. (c) Photography by Sebastian Kim, Image courtesy of the Fine Arts Museums of San Francisco
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Ist es ein Zeichen einer multikulturellen Gesellschaft oder das Symbol der unterdrückten Frau? Bei der Ausstellung "Contemporary Muslim Fashions", die ab April in Frankfurt zu sehen ist, gehen die Wogen jetzt schon hoch.

Die vielfältige, komplexe Natur der muslimischen Mode darzustellen, das hat man sich mit der Ausstellung "Contemporary Muslim Fashions" im de Young Museum in San Francisco, vorgenommen. Die Idee dazu hatte Max Hollein, Sohn des Wiener Architekten Hans Hollein und neuer Direktor des Metropolitan Museum in New York. Während die befürchteten Proteste in den USA ausblieben, gehen die Wogen jetzt in Deutschland hoch. Denn Anfang April ist die Ausstellung im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt zu sehen.

"In dem Konzept, das die Kuratorinnen Jill D’Alessandro und Laura Camerlengo entwickelten, geht es nun darum, die interessantesten Modeszenen und Designer aus der muslimischen Welt zu zeigen und auch die Frage zu thematisieren, welche Rolle Mode in der muslimischen Gesellschaft spielt und welchen Einfluss diese wiederum auf andere Kulturbereiche hat", erklärte Hollein die Idee im Interview mit dem "Presse Schaufenster" im September 2018.

Mode von Designerinnen aus der ganzen Welt - der Türkei, Saudi-Arbaien, Malyasia aber auch aus Österreich - ist neben Stücken internationaler Luxuslabels wie Oscar de la Renta ausgestellt. Denn ob Sport-Hijab von Nike oder eine H&M-Kampagne mit Kopftuch, der Hijab ist in auch in der westlichen Modewelt immer präsenter. Aus gutem Grund. Der Markt ist noch kaum besetzt (erst seit März 2017 gibt es eine arabische Ausgabe der „Vogue“), wächst aber unermüdlich. Bis 2019 soll der Markt 480 Milliarden US-Dollar einspielen, wenn man den Prognosen von Thomson Reuters glaubt. 

Solidarisierung mit dem politischen Islam?

Seyran Ates, Anwältin, Imamin und Gründerin der liberalen Ibn-Rushd-Goethe-Moschee in Berlin, übt scharfe Kritik. Ausstellungen wie diese würden Recep Tayyip Erdogans Türkei und den Muslimbrüdern in die Hände spielen, sagt sie. "Die Veranstalter einer solchen Ausstellung verkaufen sich für viel Geld an die Textilindustrie und die Islamisten, die am liebsten alle Frauen dieser Welt verhüllen würden", meint sie im Interview mit dem feministischen Magazin "Emma".

Kopftücher hätten in der zeitgemäßen islamischen Mode nichts verloren, erklärt sie im Interview mit der "Welt". "Die Kopftuchbewegung der Islamisten hat es geschafft, dass das Bild der verschleierten Frau als typisch muslimisch gilt. Das sollte man nicht einfach hinnehmen." Die Verhüllung des weiblichen Körpers, damit Männer nicht von den sexuellen Reizen abgelenkt werden, widerspreche den Grundwerten der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee. "Wir feiern in diesem Jahr 100 Jahre Frauenwahlrecht und internationalen Frauentag. Während große Teile der Linken und Liberalen in ihrem eigenen Lager in Deutschland für mehr Frauenrechte kämpfen, solidarisieren sie sich plötzlich mit dem politischen Islam", ärgert sie sich.

Dass das Kopftuch kein modisches Accessoire ist, dieser Meinung ist auch Inge Bell von der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes im "Welt"-Interview. Die Ausstellung sei ein Skandal und ein Schlag ins Gesicht für alle Frauen, die gegen das Kopftuch kämpfen. Es werde nicht immer freiwillig getragen und können auch nicht nach Stimmung oder Saison an- und ausgezogen werden.

Komplexe Themen im Museum unpolemisch behandeln

Museumsdirektor Matthias Wagner K hält dagegen. Der Fokus der Ausstellung liege "auf dem modischen Aspekt des Phänomens muslimischer Bekleidungstraditionen". "Eine Modeausstellung kann komplexe, kulturelle Themen facettenreich und auf verschiedensten Ebenen behandeln. Darüber hinaus ist ein Museum einer der wenigen Orte, in der heutigen Zeit, an dem man ein komplexes Thema fundiert behandeln und auf unpolemische Art diskutieren kann", hofft zumindest Max Hollein.

In der Ausstellung in Frankreich sind auch Arbeiten von zwei Designerinnen aus Wien, Naomi Afia und Imen Bousnina, zu sehen. Afia kann die Kritiker, die alles reduzieren würden, nicht verstehen, wie sie dem "Standard" erklärt. Denn als Teil der Ausstellung ist ihre Kollektion mit dem Titel "Our Bodies Our Business" zu sehen. "Es ging mir darum, ein Statement für Selbstbestimmung zu setzen, ein Statement gegen Zwänge, was welche Körper tragen sollen oder nicht – ob diese Zwänge nun von der einen oder anderen Seite kommen."

Contemporary Muslim Fashions

Die Ausstellung ist von 5. April bis 15. September 2019 im Museum für Angewandte Kunst in Frankfurt zu sehen. Nähere Informationen auf: www.museumangewandtekunst.de

Berichte in "Emma", "Welt" und "Standard"

(chrile)

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