Als Abgeordneter ist man vor der Justiz besonders geschützt. Doch warum, und ist das denn noch zeitgemäß?
Wien. Die Staatsanwaltschaft darf FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus wegen der Verbreitung des Ali-Videos nicht strafrechtlich verfolgen. Das beschloss der Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ am Donnerstagabend. Die Neos hatten Gudenus wegen des freiheitlichen Zeichentrickfilms, das einen Türken mit Fes beim E-Card-Betrug zeigt, wegen Verhetzung angezeigt.
Umgekehrt hat Neos-Mandatar Gerald Loacker gute Chancen, keine Verwaltungsstrafe wegen eines Meldevergehens auszufassen. Loacker hat online seinen Wohnsitz am Stubenring 1 (Sitz des Wirtschaftsministeriums ) angemeldet, um zu zeigen, wie unsicher das neue „digitale Amt“ der Regierung sei. Für diese Scheinmeldung wurde er von der für das Gebäude zuständigen Burghauptmannschaft angezeigt.
Doch wer im Zusammenhang mit seiner politischen Tätigkeit das Gesetz bricht, darf nicht verfolgt werden. Aber warum ist das so, und ist die geltende Regel überhaupt noch zeitgemäß?
1. Wie kam es zu der parlamentarischen Immunität, wie wir sie heute kennen?
Die Idee stammt aus der Französischen Revolution. In Österreich sei 1861 zum ersten Mal ein Gesetz über die Immunität von Abgeordneten erlassen worden, erklärt Karl Stöger, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Graz. Die Mandatare sollten nicht fürchten müssen, auf Anordnung des Kaisers verhaftet zu werden. So war sichergestellt, dass die Parlamentarier nicht vor Abstimmungen aus dem Verkehr gezogen werden.