Trump befürchtete durch Mueller-Ermittlungen das "Ende seiner Präsidentschaft"

Medien warten in Washington gespannt auf die Veröffentlichung des Reports.
Medien warten in Washington gespannt auf die Veröffentlichung des Reports.REUTERS
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Justizminister Barr legt den Abschlussbericht samt geschwärzter Stellen vor. Trump twittert „Game Over“ und ätzt in Richtung seiner Kritiker. Doch im Russland-Bericht von Robert Mueller fallen auch für ihn unangenehme Sätze.

Das US-Justizministerium hat den in Teilen geschwärzten Bericht von FBI-Sonderermittler Robert Mueller zur Russland-Untersuchung veröffentlicht. Der US-Sonderermittler zur Russland-Affäre lässt in seinem Abschlussbericht den Verdacht im Raum stehen, dass Präsident Donald Trump sich der Justizbehinderung schuldig gemacht haben könnte. Er habe sich "nicht in der Lage" gesehen, in dieser Frage zu einer Schlussfolgerung zu gelangen, konstatiert Ermittler Robert Mueller in seinem am Donnerstag veröffentlichen Abschlussbericht. Sein Bericht gelange "nicht zu dem Schluss, dass der Präsident ein Verbrechen begangen hat, er entlastet ihn aber auch nicht".

Aus dem Kabinett Trumps klang das ganz anders. Justizminister Bill Barr hatte seine Ansicht vor der Veröffentlichung bekräftigt, wonach Donald durch den Ermittlungsbericht zur Russland-Affäre entlastet werde. Die fast zweijährigen Untersuchungen Muellers hätten ergeben, dass Russland bei seinen Einmischungen in den US-Wahlkampf "nicht die Kooperation von Präsident Trump oder der Trump-Kampagne gehabt habe", sagte Barr am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Washington. Der Mueller-Bericht sollte im Anschluss veröffentlicht werden.

Mitglieder von Trumps Wahlkampfteam hätten sich "nicht mit der russischen Regierung verschworen oder koordiniert", betonte der Justizminister. Er wiederholte ebenso seine bereits im März verbreitete Ansicht, dass Trump laut dem Mueller-Bericht nichts unternommen habe, um als Präsident die Ermittlungen zur Russland-Affäre zu behindern.

Trump habe vielmehr "voll mit den Mueller-Ermittlungen kooperiert", sagte der Minister. Der Präsident habe keine Schritte unternommen, die dem Sonderermittler den Zugang zu notwendigen Dokumenten und Zeugen versperrt hätten, um seine Untersuchungen zu Ende zu führen.

"Das Ende meiner Präsidentschaft"

Trump hat laut Bericht im Frühjahr 2017 schockiert auf den Start der Russland-Ermittlungen reagiert und dies als Ende seiner Präsidentschaft bezeichnet. Am Tag von Muellers Ernennung - am 17. Mai 2017 - habe Trump im Oval Office mit dem damaligen Justizminister Jeff Sessions und anderen zusammengesessen. Sessions habe ihn dort über Muellers Berufung als Sonderermittler informiert. Laut Notizen einer Mitarbeiterin von Sessions habe sich Trump daraufhin in seinem Stuhl zurückfallen lassen und gesagt: "Oh mein Gott. Das ist furchtbar. Das ist das Ende meiner Präsidentschaft. Ich bin erledigt."

Einen Monat nach Muellers Ernennung habe Trump außerdem seinen früheren Rechtsberater Don McGahn angewiesen, er solle das Justizministerium zur Entlassung Muellers bewegen, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichen Abschlussbericht des Sonderermittlers.

Trumps Faibel für „Game of Thrones“

Trump reagierte triumphierend auf die Pressekonferenz seines Justizministers. "Das Spiel ist vorbei", schrieb der Präsident in einer im Kurzbotschaftendienst Twitter veröffentlichten Fotomontage, die ihn mit dem Rücken zur Kamera vor dichtem Nebel zeigt. "Keine Absprache. Keine Behinderung", hieß es darin zu den beiden wichtigsten Verdachtsfeldern, denen Mueller nachgespürt hatte. Der Stil der Fotomontage erinnerte an die Fernsehserie "Game of Thrones“ - nicht das erste Mal, dass der Präsident dieses Stilmittel wählt. Er habe einen guten Tag, sagte der Republikaner später am Donnerstag bei einem Auftritt vor Veteranen im Weißen Haus. 

Barrs Darstellungen in der Pressekonferenz deckten sich mit den Schlussfolgerungen, die der Justizminister bereits Ende März in einer knappen Zusammenfassung des rund 400 Seiten starken Mueller-Berichts gezogen hatte.

Seither war der Druck auf Barr gewachsen, den Bericht komplett zu veröffentlichen. Der Minister will dieser Forderung nun allerdings nicht komplett entsprechen. Manche Passagen des Berichts werden geschwärzt sein. Dabei handelt es sich dem Minister zufolge etwa um Stellen, die Quellen und Methoden der Ermittler enttarnen könnten, oder um Informationen im Zusammenhang mit noch laufenden Ermittlungen oder Gerichtsverhandlungen.

Kurz nach seiner Pressekonferenz wollte Barr den Ermittlungsbericht an den Kongress übergeben lassen. Noch am selben Tag sollte der Report dann auf der Website des Justizministeriums veröffentlicht werden.

Die oppositionellen Demokraten hegen den Verdacht, dass in dem Bericht vielleicht doch belastendes Material über Trump stecken könnte. Sie kritisierten die vorgeschaltete Pressekonferenz. Noch vor Barrs Auftritt erklärte der demokratische Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Jerry Nadler, der Minister scheine "eine Medienkampagne für Präsident Trump zu veranstalten".

Demokraten fordern ungeschwärzten Bericht

Die Demokraten haben Barr aufgefordert, dem Kongress eine Version des Berichts ohne geschwärzte Passagen zu übermitteln. So wollen sie sicherstellen, dass der Minister mit seiner Bearbeitung des Reports Trump nicht womöglich schützt. Verschiedene Kongressausschüsse erwägen, Barr und möglicherweise Mueller nach Vorlage des Berichts für eine Aussage vorzuladen.

Mueller hatte fast zwei Jahre lang Kontakte zwischen dem Trump-Team und Russland während des Wahlkampfs 2016 untersucht. Auch ging er dem Verdacht der Justizbehinderung durch den Präsidenten nach.

In einer Zusammenfassung des Berichts hatte Barr Ende März gefolgert, der Sonderermittler habe keine Beweise für eine Straftat des Präsidenten gefunden. Die Zweifel blieben jedoch - die Demokraten hegen den Verdacht, dass in dem Bericht vielleicht doch belastendes Material über Trump stecken könnte.

(APA/AFP)

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