Der „Upstalsboom-Weg“ will ausgleichen, was Politik und Gesellschaft verabsäumen.
In Fachkreisen kennt man die Metamorphose des Hotelunternehmers Bodo Janssen (44). Millionärssohn, Model, als Entführungsopfer knapp mit dem Leben davongekommen, ungeliebter Chef der Upstalsboom-Kette. 2010 dann der Bruch, ausgelöst durch eine katastrophale Mitarbeiterbefragung. Janssen zog sich ins Kloster zurück und kehrte geläutert wieder. Waren bislang Mitarbeiter das Mittel zum Zweck, postulierte er, sei fortan das Unternehmen „die Plattform, Menschen zu stärken und die Umwelt zu schonen“. Er sagt es viermal im Lauf des Gesprächs an der WU Executive Academy. Es ist seine Leitlinie.
Janssen gab die operative Führung seiner Nord- und Ostsee-Kette ab und widmete sich seiner Mission. So konsequent, dass die Gruppe heute selbst auf der entlegensten friesischen Insel keine Personalsorgen hat. Auf 140 Stellen kamen jüngst 4000 Bewerber.
Das Geheimnis ist neben dem wohlbeworbenen „Upstalsboom Spirit“ ein Bildungszentrum, in dem jeder Mitarbeiter lernen kann, „was immer ihn bereichert“. Das Geschäftsmodell: Die interne Hälfte der Kursteilnehmer kommt gratis, die externe zahlt. Letztere nennt Janssen „Upstalsboomer auf Zeit“, weil sie für die Dauer ihrer Fortbildung seine Firmenkultur inhalieren.
Das Profitcenter rechne sich, sagt er. Nun stellt er zwei weitere Säulen auf, da, „wo Politik und Gesellschaft nicht weiterkommen“. Ein Gesundheitszentrum soll die Schwächen des öffentlichen Systems ausmerzen: schnelle Termine, Untersuchung und Behandlung nach Nutzen-, nicht nach Kostengesichtspunkten. Die Nachfrage sei enorm, sagt Janssen.
Die dritte Säule ist das Versprechen einer Altersvorsorge: „Ungeachtet der Position soll jeder Mitarbeiter betreutes Wohnen erfahren können.“ Das erste Gebäude hat er schon. (al)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2019)