Die scheidende Premierministerin Theresa May wollte „brennende Ungerechtigkeiten“ bekämpfen. Doch dafür fehlten ihr Mittel und Wege.
Die Liste der Erfolge der scheidenden britischen Premierministerin Theresa May ist kurz. Ihre Hauptaufgabe, wie sie in ihrer Rückzugsrede einräumte, hat sie verfehlt: „Ich werde es immer zutiefst bedauern, dass ich nicht in der Lage war, den Brexit umzusetzen.“ Für ihr beim Amtsantritt vor drei Jahren gegebenes Versprechen, sie wolle die „brennenden Ungerechtigkeiten“ in der britischen Gesellschaft adressieren, blieb im Dauerstreit um den EU-Austritt weder Zeit noch Raum. Wenn es ein Erbe ihrer Regierungszeit gibt, dann wohl: Die britische Wirtschaft scheint robuster als Experten glauben.
Entgegen aller Prognosen stürzte das Brexit-Votum vom Juni 2016 die Wirtschaft nicht in die Rezession. Nach 0,3 Prozent Wachstum im vierten Quartal 2018 beschleunigte sich die Konjunktur Anfang des Jahres auf 0,5 Prozent. Mit Blick auf das Brexit-Chaos meinte Schatzkanzler Philip Hammond: „Die Wirtschaft hat den Herausforderungen standgehalten.“ Die für 2019 prognostizierten 1,2 Prozent Wachstum wird man erreichen. Doch der Schein trügt.
Stärkster Motor der Konjunktur sind Vorbereitungen der Unternehmen auf einen harten Brexit. Wie die Handelsbilanz zeigt, füllen die Firmen ihre Bestände auf, solang Großbritannien noch die Vorteile der EU-Mitgliedschaft genießt. Im ganzen Land sind Lagerkapazitäten knapp. Dauerhaftes Wachstum ist das keines: „Die Vorräte werden wieder abgebaut und damit wird die Nachfrage in den nächsten Jahren gedrückt“, warnt der Ökonom Andrew Sentance.