Hofer will ein Grüner sein, Strache Mandatar ohne blaue Funktion

Norbert Hofer möchte einige Aussagen seines Vorgängers revidieren.
Norbert Hofer möchte einige Aussagen seines Vorgängers revidieren. APA/LUKAS HUTER
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Norbert Hofer möchte einige Aussagen seines Vorgängers revidieren. Nicht nur in Bezug auf Ibiza.

Wien. Eigentlich hoffte man in der FPÖ, dass am Mittwoch Klarheit herrsche. Dass eineinhalb Wochen nach der EU-Wahl endlich feststehen würde, wer für die Freiheitlichen nach Brüssel geht. Um 14 Uhr trafen sich am Dienstag die Parteigremien, um eine tragfähige Lösung zu finden. Dass es länger dauern würde, ahnte man: Zur Sicherheit plante man auch ein Abendessen mit ein.

Doch der, der den endgültigen Entschluss fällen muss, zögerte weiter: Heinz-Christian Strache schrieb am Dienstagabend auf Facebook, dass er noch über seine Zukunft nachdenken werde. „Nicht aus Unsicherheit, sondern vielmehr aufgrund meines unbedingten Willens und Wunsches, zunächst aufzuklären und erst dann für mich und mit meiner Familie zu befinden, wie meine politische Zukunft aussehen wird.“ Nach 44.750 Vorzugsstimmen bei der EU-Wahl steht Strache nun ein Direktmandat im europäischen Parlament zu. Eigentlich hatte sich der ehemalige Vizekanzler und FPÖ-Chef nach der Ibiza-Affäre von allen politischen Ämtern zurückgezogen. „Ich habe alle denkbaren politischen Konsequenzen gezogen“, schrieb Strache selbst am Dienstag. Das Mandat anzunehmen kann er sich aber trotzdem vorstellen.

Kein Stimmrecht in den Gremien

Also mussten seine Parteikollegen auf Zeit spielen. Sie fällten im Vorstand einen einstimmigen, aber inkonsequenten Beschluss: Sollte Strache nach Brüssel gehen, werde er „auf sämtliche Funktionen innerhalb der FPÖ“ verzichten – und zwar „bis zur vollständigen Aufklärung der Umstände rund um das Ibiza-Video“. Strache würde also für die Freiheitlichen im europäischen Parlament sitzen und abstimmen, eine „an die Partei gebundene Funktion“ habe er dann nicht, erklärt man im FPÖ-Klub. Damit seien Posten wie jener des Bereichssprechers oder Obmann-Stellvertreters gemeint. Strache würde auch auf ein Stimmrecht in den Gremien verzichten. Ob er beim kommenden Bundesparteitag vor der Nationalratswahl Delegierter wäre oder nicht, steht noch nicht endgültig fest. Man gehe aber nicht davon aus, heißt es in der Partei.

Die Freiheitlichen drängen allerdings weiter auf eine Entscheidung Straches. Denn sollte der ehemalige Parteichef auch weiterhin für die FPÖ ein Amt ausüben, werde man im Wahlkampf verstärkt darauf angesprochen. Darauf muss man sich vorbereiten – auch wenn man ohnehin davon ausgeht, dass das Ibiza-Video in den kommenden Wochen die Kampagnen der anderen Parteien bestimmen wird.

„Menschengemachter Klimawandel“

Gut möglich, dass der neue FPÖ-Chef Norbert Hofer auch deswegen am Mittwoch ein neues Thema aufbringen wollte: In einer Aussendung anlässlich des Welt-Umwelttages kündigte er an, dass Klimaschutz und Umweltschutz „starke Schwerpunkte in der FPÖ-Programmatik“ sein werden. Damit möchte die Partei wohl auf ein Thema setzen, das vor der EU-Wahl immer mehr Aufmerksamkeit erhielt. „Österreich verfügt über Wasserkraft, Windkraft, Biomasse, Solarthermie, Photovoltaik und Geothermie – ein Mix, der eine Energiewende rasch möglich macht“, schreibt die Partei in der Aussendung. „Darüber hinaus verzichtet Österreich auf Atomkraft. Wir müssen weiter daran arbeiten, um vom Import fossiler Energieträger unabhängiger zu werden.“

Die Partei macht auch eigens darauf aufmerksam, dass laut Hofer „der von den Menschen herbeigeführte Klimawandel die größten Herausforderungen unserer Zeit“ seien. Damit will man offensichtlich frühere Aussagen Straches revidieren.

Der langjährige Parteichef hatte immer wieder den menschengemachten Klimawandel in Zweifel gestellt. Zuletzt im Jahr 2018: „Inwieweit der Mensch das Klima beeinflussen kann, ist eine offene Frage. Klimaveränderungen gibt es seit Jahrtausenden“, sagte er dem „Standard“. Auch die Sahara „war einmal die Kornkammer Roms und ist dann zur Wüste geworden“, sagte er. „Das hat mit vielen Faktoren zu tun, aber sicher nicht mit Fabriken oder sonstigen Entwicklungen, die es damals gar nicht gab.“ Und dann weiter: „Es gibt Prozesse, die Erkältung und Erwärmungen herbeiführen in Zackenbewegungen, wo auch die Wissenschaft nicht weiß, wohin wir uns entwickeln.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2019)

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