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Ibiza-Video: Kern kaum verleumdet

Der Ex-Kanzler könnte gegen den Ex-Vizekanzler Privatanklage wegen übler Nachrede (§ 111 StGB) erheben.
Der Ex-Kanzler könnte gegen den Ex-Vizekanzler Privatanklage wegen übler Nachrede (§ 111 StGB) erheben.APA/GEORG HOCHMUTH
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Die kolportierte Anzeige des Ex-Kanzlers gegen Strache steht rechtlich auf schwachen Beinen.

Wien. Das Ibiza-Video mit Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache, das zum Crash der türkis-blauen Regierung geführt hat, wird die Staatsanwaltschaft noch auf vielfältige Weise beschäftigen. Bloß ein am Mittwoch bekannt gewordener Vorwurf wird wohl eher nicht Gegenstand großer Ermittlungen werden: eine Anzeige des früheren Bundeskanzlers Christian Kern, der Strache laut „Kronen Zeitung“ Verleumdung vorwirft.

Strache soll in dem heimlich aufgenommenen Video unter anderem behauptet haben, einen Informanten zu kennen, der sexuelle Handlungen Kerns mit Minderjährigen in Afrika belegen könne. Kern will sich diese „völlig abstruse und substanzlose Anschuldigung“ nicht bieten lassen, was durchaus verständlich ist. Eine Verleumdung im strafrechtlichen Sinn (§ 297 Strafgesetzbuch) sieht aber anders aus.

Gemeint ist damit, dass jemand einen anderen „der Gefahr einer behördlichen Verfolgung“ aussetzt, etwa indem er vor ermittelnden Beamten oder dem Opfer einer Straftat einen falschen Verdacht auf eine bestimmte Person lenkt; mit dem gleichen Ziel könnte der Verleumder entsprechende Informationen auch herumerzählen. Unfreiwillig aufgenommene und publik gemachte Aussagen eignen sich jedoch nicht als Tatwerkzeug für eine Verleumdung.

Wie könnte sich Kern sonst wehren? Der Ex-Kanzler könnte gegen den Ex-Vizekanzler Privatanklage wegen übler Nachrede (§ 111 StGB) erheben, weil Strache ihn „in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise“ schlimmstens beleidigt haben dürfte; daneben könnte Kern auch zivilrechtlich wegen Ehrenbeleidung gegen den zurückgetretenen FPÖ-Obmann vorgehen. (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2019)