Die Ära Tsipras neigt sich dem Ende zu. Alles deutet auf einen Sieg der Nea Dimokratia bei der Wahl am Sonntag hin.
Athen. Selten gab es in Griechenland einen kürzeren Wahlkampf: Nur 40 Tage nach den EU-Wahlen Ende Mai küren die Bürger diesen Sonntag ein neues griechisches Parlament. Die Themen sind im Großen und Ganzen bereits aus dem vorherigen Wahlkampf bekannt. Nicht einmal eine TV-Konfrontation der Spitzenkandidaten, Ministerpräsident Alexis Tsipras von der Linksallianz Syriza und seinem Herausforderer Kyriakos Mitsotakis von der konservativen Nea Dimokratia (ND), kam zustande.
Ursprünglich wollte Premier Tsipras die Legislaturperiode voll ausreizen und die Wahlen im Herbst abhalten lassen. Doch die Niederlage bei den Europawahlen mit neun Prozentpunkten Rückstand auf die ND ließ ihn umdenken. Der lange Wahlkampf hätte der Wirtschaft des Landes schweren Schaden zugefügt, erklärte er. So sahen es auch die Märkte: Nach der Ankündigung der Neuwahlen sanken die Zinsen für zehnjährige griechische Staatsanleihen auf einen historischen Tiefstand.
Absolute dank Mehrheitsbonus
Die Konservativen stehen vor einem Triumph. Meinungsforscher sagen ihnen 34 bis 38 Prozent der Stimmen voraus (2015: 28,1 Prozent). Mitsotakis kann sogar mit einer absoluten Mehrheit im Parlament rechnen. Denn die stärkste Partei erhält einen Mandatsbonus. Syriza dürfte indes auf 24 bis 29 Prozent der Stimmen abrutschen. 2015 waren es noch 35,5 Prozent. Die Wahlstrategie der linken Regierungspartei ist voll auf Tsipras ausgerichtet. Mit ihm steht und fällt Syriza. Denn an der Basis ist sie nach wie vor schwach verankert. Bei den letzten Lokalwahlen, ebenfalls diesen Mai, wählten nur 21 der 332 Gemeinden des Landes Bürgermeister, die Syriza zuzuordnen sind.