Vor allem das empfindliche Ökosystem in der Lagunenstadt bereitet den wenigen verbliebenen Einwohnern Sorge: Die Giganten lassen mit ihrer Unterwasser-Verdrängung den Untergrund der Lagune erodieren und bedrohen damit die Statik der italienischen Touristenmetropole.
Würde das Manöver klappen? Mit bangem Blick verfolgten die Venezianer, wie neulich bei heftigem Unwetter das Kreuzfahrtschiff Costa Deliziosa gefährlich nah auf den Anlegeplatz Giardini unweit des berühmten Markusplatzes zusteuerte. Umtost von Sturm und Wellen verfehlt das riesige Schiff nur knapp eine Jacht. Anfang Juni war ein Ozeanriese unkontrolliert in ein Boot mit Reisegäste gekracht, vier Menschen wurden verletzt.
Der Vorfall heizte in der Lagunenstadt die seit Jahren schwelende Debatte um die hochhausähnlichen Kreuzfahrtschiffe erneut an. Einig sind sich alle, dass es so nicht weitergehen kann. Nur über die Alternativen sind sich die Bewohner Venedigs uneins. Also bleibt es vorerst beim Status quo, wenngleich Verkehrsminister Danilo Toninelli eine baldige Lösung verspricht. Dabei blockiert just die Fünf-Sterne-Bewegung, der Toninelli angehört, seit Monaten die Vorschläge der Stadtregierung.
Vom Markusplatz aus gut sichtbar schieben sich in der Hochsaison nahezu täglich die gigantischen Schiffe durch den engen Giudecca-Kanal. Was für die Passagiere ein atemberaubender Anblick sein muss, ist für die Venezianer die Hölle. Die Bürgerinitiative „No Grandi Navi“ (Keine großen Schiffe) kämpft seit Jahren dafür, dass die Kreuzfahrtriesen aus der Lagunenstadt verbannt werden. Vor allem der Zustand des empfindlichen Ökosystems in der Lagune bereitet vielen Bewohnern Sorge. Die Kreuzfahrtschiffe, die mehrere Tausend Tonnen schwer sind, haben eine enorme Unterwasser-Verdrängung, die den Untergrund der Lagune erodieren lässt und damit die Statik der Stadt bedroht.
Der Verein „Italia Nostra“ (Unser Italien) hat daher, unterstützt von Bürgermeister Luigi Brugnaro, die UN-Kulturorganisation Unesco dazu aufgefordert, Venedig auf die rote Liste der gefährdeten Weltstätten zu setzen. Die Hoffnung: mit diesem symbolischen Akt endlich Bewegung in die Suche nach einer Alternative zu bringen. Dieses Anliegen wurde jedoch Anfang Juli bei einer Sitzung der Organisation in Aserbaidschan abgelehnt. „Gute Nachrichten für Venedig“, twitterte daraufhin Italiens Kulturminister Alberto Bonisoli. In Venedig selbst hingegen war die Enttäuschung groß.