Russland: "Man hat uns schon lange das Stimmrecht genommen"

APA/AFP/ALEXANDER NEMENOV
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In Moskaus Straßen regt sich Protest: Im September wird in der Hauptstadt ein neues Parlament gewählt. Doch die Kandidaten oppositioneller Parteien bleiben ausgeschlossen. Ein Lokalaugenschein.

„Lasst sie zu, lasst sie zu!“ Sprechchöre hallen über den Trubnaja-Platz im Zentrum Moskaus. Ein paar Hundert Menschen haben sich an diesem Abend versammelt, um für die Zulassung von Oppositionskandidaten bei der Moskauer Bürgermeisterwahl zu demonstrieren. Hinter Sperrgittern warten Polizisten in Bussen auf ihren Einsatz. Das Treffen ist nicht angemeldet, jedoch friedlich. Viele im Abendschein flanierende Moskauer nehmen davon keine Notiz.

Anders Maria Ostrouchowa. Die 28-jährige Sängerin ist gerade aus Bologna von ihrer italienischen Opernpremiere zurückgekehrt. Nach ihrer Ankunft in Moskau ist sie auf den Platz geeilt. „Man hat uns schon lange das Stimmrecht genommen“, sagt die braunhaarige junge Frau im Faltenrock. „Jetzt versuchen die Behörden nicht einmal mehr, es zu kaschieren.“

Ostrouchowa ist empört, weil der unabhängige Kandidat ihres Wahlkreises, Ilja Jaschin, nicht antreten darf. Am 8. September wählt Moskau einen neuen Gemeinderat, die Mosgorduma. Die Lokalpolitik ist eines der wenigen Schlupflöcher für politisch Unangepasste in Russland geblieben. Auch oppositionelle Kandidaten haben sich für die Hauptstadt-Wahl gerüstet. Nach ihrem Erfolg bei den Bezirkswahlen von 2017 wollten sie eine Stufe höher steigen. Doch an den engen Distriktgrenzen ist jetzt offenbar Schluss.

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