Saison für Gewitter wird länger

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Am Wochenende traf der Hagel vor allem die Landwirtschaft hart. In Zukunft könnten noch mehr Gewitter entstehen. Die starken Niederschläge gleichen Trockenheit aber nicht aus.

Wien. Die Ruhe nach dem Sturm: Diese Woche soll es wieder sommerlich warm werden, allerdings nicht ganz beständig. Die Unwetter der vergangenen Tage richteten in vielen Gegenden des Landes Schäden an – allein in der österreichischen Landwirtschaft belaufen sie sich auf rund drei Millionen Euro – durch Hagel, aber auch durch Überflutungen.

Starke Gewitter könnten in Zukunft sogar mehr werden. Wobei die durch den Klimawandel häufigere Hitze allein aber nicht verantwortlich für Blitz, Donner und Hagel ist: Die Luft muss dazu auch feucht genug sein.

Am Wochenende haben Hagelkörner, manche so groß wie Tennisbälle, die Ernte von Bauern in der Steiermark, im Burgenland und in Kärnten auf insgesamt 12.000 Hektar Land beschädigt.

Den Hagel in den Griff zu bekommen, ist schwierig. Mancherorts steigen gegen die Eiskörner Flugzeuge auf, die ein Silberjodid-Aceton-Gemisch in Gewitterwolken versprühen. Damit soll vorzeitiger Niederschlag ausgelöst und so die Bildung von großen Hagelkörnern verhindert werden.

Ob das funktioniert, ist laut Georg Pistotnik, Meteorologe in der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), aber nicht belegt. Man müsste zwei Perioden, mit und ohne Flugzeug, über einen Zeitraum von 30 Jahren systematisch vergleichen, um herauszufinden, ob das wirklich etwas bringt.

Veränderte Bedingungen

Warum gerade der Süden des Landes von Hagel und Unwettern so stark betroffen ist, erklärt Pistotnik. Es gebe mehrere Gründe dafür: „Die Feuchtigkeit der Flach- und Hügelländer steigt in die Berge auf“, sagt er. Dort mischt sich die heiße Luft von unten mit der kalten Bergluft oben – ein Gewitter entsteht. Außerdem sei problematisch, dass viele Hänge zur Sonne ausgerichtet sind, sagt Pistotnik. „Dazu kommt, dass die Wetterlage der Alpensüdseite generell Gewitter begünstigt.“

Meist beenden Unwetter eine Hitzewelle. „Wir vermuten, dass künftig die Bedingungen für Gewitter in Mitteleuropa häufiger erfüllt sein werden“, sagt Pistotnik, „und wahrscheinlich wird auch die Saison für Gewitter länger.“ Mit Sicherheit wisse man dies noch nicht, weil es davon abhänge, wie sich Wetterlagen verschieben.

Hohe Niederschlagsintensität, die üblicherweise mit Gewittern einhergeht, führt auch zu Hochwasser. Massive Regenfälle wie die der vergangenen Tage gleichen die Trockenheit allerdings nicht aus. Unter anderem verdunstet Wasser schneller, weil wegen des Klimawandels die Temperaturen steigen.

Dieses Wechselspiel von Überfluss und Mangel an Wasser könnte sich wiederholen. In den vergangenen fünf Jahren sind laut Österreichischer Hagelversicherung durch Dürre landesweit Schäden in der Höhe von 200 Millionen Euro entstanden – trotz des Jahrhunderthochwassers im Jahr 2013.

Setzt sich diese Entwicklung fort, würde Österreich bald seine Bevölkerung nicht mehr ausreichend mit regionalen Lebensmitteln versorgen können, warnt die Hagelversicherung. Im Burgenland gab es wegen der Dürre heuer weniger Erdäpfel, auch bei anderen Gemüsesorten ist noch nicht sicher, ob es Ausfälle geben wird.

Die Regierung will nach den aktuellen Wetterschäden alles tun, dass für Betroffene schnell Mittel aus dem Katastrophenfonds zur Verfügung gestellt werden. Das Wichtigste sei, dass die Infrastruktur bald wieder aufgebaut werden und die privaten Haushalte von Schlamm befreit werden könnten, sagte Finanzminister Eduard Müller. Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein dankte allen Freiwilligen.

Dieser Juli zählt zu heißesten

Dieser Juli zählt zu den zehn heißesten der 253-jährigen österreichischen Messgeschichte, fünf davon wurden nach dem Jahr 2000 gemessen. Die Höchsttemperatur von 38,8 Grad wurde heuer am 1. Juli in Krems gemessen. In der vorläufigen Monatsbilanz – die ZAMG hat die verbleibenden Tage prognostiziert und miteinbezogen – ist der Juli 2019 um 1,7 Grad wärmer und um 30 Prozent trockener als im Mittel 1981 bis 2010.

ERRATUM

Wir bedauern. In der „Presse“ vom Montag, dem 29. Juli, wurde die steirische Bezirksreorganisation kurz außer Acht gelassen: Die u.a. als von Unwettern besonders betroffen genannten Bezirke Feldbach, Mürzzuschlag, Radkersburg, Bruck an der Mur, Judenburg und Knittelfeld existieren als solche seither freilich nicht mehr, sie wurden fusioniert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2019)

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