Im Mai legte Fleischersatzhersteller Beyond Meat einen fulminanten Start an der New Yorker Börse hin. Jetzt sorgt der Quartalsbericht für den nächsten Hype.
New York. Solche Geschichten lieben die Amerikaner. Und Beyond Meat liefert sie gerade. Das 2009 in Kalifornien gegründete Unternehmen sorgt mit seinem aus Erbsenproteinen gefertigten Fleischersatz nicht nur dafür, dass die Amerikaner mehr über ihre Ernährung nachdenken, sondern hält auch die Wall Street auf Trab. Anfang Mai ging das Unternehmen an die Börse, der Ausgabekurs lag bei 25 Dollar pro Aktie. Und dann ging es mit dem Kurs steil bergauf. Die Aktie kostet nun neunmal so viel. Es passiert nicht oft, dass ein Unternehmen binnen drei Monaten seinen Börsenwert von 1,5 auf 13,4 Milliarden Dollar steigert.
Am Montag nach Börsenschluss präsentierte das Unternehmen seine Quartalszahlen. Der Umsatz war im Vergleich zum Vorjahr um 287 Prozent auf 67,3 Millionen Dollar (60,5 Mio. Euro) gestiegen. Geld verdient das Unternehmen allerdings noch keines. Der Verlust im zweiten Quartel ist sogar um über ein Viertel auf 9,4 Millionen Dollar angewachsen. Aber im Vergleich mit anderen ähnlich gehypten Start-ups sind das Peanuts. Und vor allem: Das um Sondereffekte bereinigte Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibung schaffte es bereits in die schwarzen Zahlen. Diese Kennzahl ist ohnehin wichtiger. Sie besagt nämlich, dass die fleischlosen Burgerlaibchen bereits 6,9 Mio. Dollar abwerfen.
Aber um die große Nachfrage zu stillen, muss in neue Fabriken und neue Vertriebskanäle investiert werden. Das kostet Geld – und dieses Geld will sich Beyond-Meat-Vorstandschef Ethan Brown durch die Ausgabe neuer Aktien beschaffen. Die Nachricht schlug Anlegern auf den Magen. Nach Börsenschluss sank der Kurs um bis zu zwölf Prozent. Einige Aktionäre meinten, es sei Zeit, Kasse zu machen. Denn trotz der großen Euphorie um Beyond Meat mehren sich auch kritische Stimmen. Größtes Risiko: Die Konkurrenz schläft nicht. Lebensmittelriesen wie Nestlé und Tyson Foods drängen nun auch mit Fleischersatz auf den lukrativen Zukunftsmarkt.
Gesundheitsexperten begegnen Beyond Meat mit Skepsis. So warnte etwa Diät-Coach Alissa Rumsey im US-Fernsehen davor, dass der Anteil von Natrium und gesättigtem Fett in etwa gleich wie bei echtem Fleisch sei. Zudem sei der Fleischersatz aus dem Labor natürlich ein industriell verarbeitetes Lebensmittel.
Der Konzern selbst betont, dass für sein Fake-Fleisch keine gentechnisch veränderten Organismen verwendet werden. Im Vergleich zu einem normalen Burger benötige man für die Herstellung 99 Prozent weniger Wasser, 93 Prozent weniger Land, stoße um 90 Prozent weniger CO2 aus und verbrauche um 46 Prozent weniger Energie.
„Wir glauben, dass unser positiver Schwung das wachsende Verlangen der Mainstream-Verbraucher zeigt“, erklärte Vorstandschef Ethan Brown. Mittlerweile gibt es die fleischlosen Burger in 53.000 Geschäften und Restaurants weltweit. Große Ketten wie Burger King und TGI Friday's reißen sich um die veganen Burger.
Noch kein Hype in Österreich
In Österreich und in den meisten europäischen Ländern ist Beyond Meat noch nicht zu den Konsumenten durchgedrungen. Das liegt auch an der Dominanz großer Lebensmittelketten, die darauf warten, dass ihre Labore ähnlich guten Fleischersatz hervorbringen. In Österreich gibt es Beyond Meat vorerst beim Großhändler Metro.
Der Diskonter Lidl hatte Beyond Meat kurzfristig in Deutschland in den Regalen. Der Ansturm war so groß, dass die Laibchen in kürzester Zeit ausverkauft waren.
Beyond Meat bedient mit seinen fleischlosen Burgern den Mainstream just in einer Zeit, in der der Fleischkonsum immer stärker als Ursache für den Klimawandel angeführt wird. Viele Menschen überdenken ihre Essgewohnheiten, der völlige oder teilweise Verzicht auf Fleisch erfreut sich großer Beliebtheit. Beyond Meat vermarktet sich nicht als Unternehmen, sondern als Missionar für Gesundheit, Tier- und Klimaschutz. Wer Beyond Meat isst, rettet quasi den Planeten.
Viele Prominente rühren die Werbetrommel für das Unternehmen. Hollywoodstar Leonardo DiCaprio gehört genauso dazu wie Microsoft-Gründer Bill Gates. Letzterer hat auch ordentlich Geld in das Start-up investiert. Zu den Financiers gehört auch Twitter-Mitbegründer Biz Stone. (ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2019)