Hitler oder Höcke? Streit um ZDF-Interview mit AfD-Politiker

Björn Höcke: "Wir beenden das Interview. Nur dann ist klar: Wir wissen nicht, was kommt. Dann ist klar, dass es mit mir kein Interview mehr für Sie geben wird."
Björn Höcke: "Wir beenden das Interview. Nur dann ist klar: Wir wissen nicht, was kommt. Dann ist klar, dass es mit mir kein Interview mehr für Sie geben wird."(c) Screenshot
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Es waren drastische Fragen, die dem AfD-Chef von Thüringen im ZDF gestellt wurden. Sein Sprecher reagierte zuerst, dann auch der Politiker. Er drohte „massive Konsequenzen“ an.

Dieser Fall erinnert an ein Interview von Armin Wolf mit FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky: Erst drastische Fragen zur Nähe zum Nationalsozialismus, dann der Versuch einer Antwort, schließlich eine Drohung in Richtung Interviewer. Nun aber nicht beim ORF, sondern beim ZDF. Es war der thüringische AfD-Chef Björn Höcke, der einem ZDF-Journalisten nach einem abgebrochenen Interview "massive Konsequenzen" androhte. Dabei war Höcke zu Beginn des Gesprächs trotz eines (entlarvenden?) Einspielers noch sehr ruhig - bis sein Pressesprecher einschritt.

"Ist das aus 'Mein Kampf' oder von Herrn Höcke?" Zwei Zitate hatte der ZDF-Journalist vor dem Interview Höckes Parteifreunden im Bundestag vorgespielt. Und gefragt, ob es Zitate von AfD-Abgeordnete Björn Höcke oder Adolf Hitler seien. Das Ergebnis, nämlich die Reaktion auf die Frage, spielte er nun Höcke vor. Seine Parteikollegen waren sich nicht sicher, ob die Worte eher aus der Gegenwart oder der NS-Vergangenheit stammten, und lachten irritierenderweise zumeist dabei.

Der Pressesprecher schritt ein

"Ihre eigenen Leute können nicht sagen, ob das Höcke oder Hitler ist. Was sagt das über ihre Sprache aus?" So fragte der Interviewer der ZDF-Sendung "Berlin direkt". Der AfD-Abgeordnete Björn Höcke antwortete ausführlich wenn auch nicht konkret, weitere Fragen wurden gestellt, bis sich schließlich nach zehn Minuten sein Pressesprecher (der bei der Aufnahme anwesend war) einschaltete und sagte, dass man dieses Gespräch wiederholen müsse. Die Fragen hätten den Politiker stark emotionalisiert. Er würde besser antworten, wenn man das noch einmal von vorne starten könnte.

"Der Einspieler am Anfang, das fand ich nicht wirklich redlich", sagte Höcke. Die Themen seien auch nicht angekündigt worden. "Ich bin auch gerne bereit, unangenehme Fragen zu beantworten, aber das geht so nicht", sagte Höcke. "Wissen Sie, wir leben in einer Lage, die sowieso schon polarisiert ist. Wollen Sie jetzt als Öffentlich-Rechtlicher Sender so ein Ding raushauen? Sie sind doch auch stark in der Kritik."

"Dann haben wir ein manifestes Problem"

Weil der ZDF-Journalist eine Wiederholung des Interviews ablehnte, wurde es konfrontativer: "Dann haben wir ein manifestes Problem", sagte Höcke. "Ich kann Ihnen sagen, dass das massive Konsequenzen hat." Kurz darauf sagte er: "Wir beenden das Interview. Nur dann ist klar: Wir wissen nicht, was kommt. Dann ist klar, dass es mit mir kein Interview mehr für Sie geben wird."

Auf die Frage des ZDF-Journalisten, ob dies eine Drohung sei, sagte Höcke: "Das ist nur eine Aussage, weil ich auch nur ein Mensch bin", sagt Höcke. Der Interviewer hakte nach und fragte den AfD-Politiker: "Und was könnte kommen? Wenn Sie sagen, wir wissen nicht, was kommt." Höcke entgegnete: "Vielleicht werde ich auch mal eine interessante persönliche, politische Person in diesem Land. Könnte doch sein."

Zum Inhalt des Interviews

Vor Beendigung des Interviews waren Höcke Aussagen von Parteikollegen gezeigt worden. Diesen hatte der Redakteur Aussagen von Höcke vorgelegt und sie gefragt: "Ist das aus 'Mein Kampf' oder von Herrn Höcke?" Bei einem Beispiel antwortete der AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier: "Wenn, eher aus 'Mein Kampf' würde ich sagen, aber nicht von Herrn Höcke.“ Höcke sagte in dem Interview: "Ich glaube nicht, dass es eine allgemein gültige Definition dessen gibt, was eine NS-Diktion, was NS-Sprache ist." Kritiker, die ihm eine sprachliche Nähe zum Nationalsozialismus vorwerfen, seien "Stellenmarkierer". Diese wollten "kontaminieren, was angeblich nicht mehr sagbar ist", fügte Höcke hinzu.

Der Deutsche Journalisten-Verband protestierte gegen Höckes Verhalten gegenüber dem ZDF-Journalisten. "Björn Höcke hat ein weiteres dunkles Kapitel des gestörten Umgangs der AfD mit der Pressefreiheit im allgemeinen und kritischen Journalistinnen und Journalisten im besonderen aufgeschlagen", kritisierte DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall.

Es sei völlig richtig gewesen, dass sich der ZDF-Kollege nicht darauf eingelassen habe, das Interview in Höckes Sinn zu führen: "Der Abbruch des Gesprächs durch den Interviewten zeigt, dass er auf kritische Fragen keine intelligenten Antworten hat", erklärte Überall. "Herr Höcke hat die Schwelle von der Demokratie zu faschistischen Fantasien überschritten.“

(rovi)

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