Bei der feierlichen Übergabe des Gouverneursposten der Österreichischen Notenbank entschuldigte sich Robert Holzmann bei Ewald Nowotny für die „Wolken, die in den letzten Wochen über der OenB entstanden sind.“
Wien. Ein behutsamer, harmonischer und geschmeidig ablaufender Übergang von einem Virtuosen zum nächsten. Der musikalische Einstand am Abend der feierlichen Amtsübergabe von Ewald Nowotny an Robert Holzmann war überaus gelungen. Die Österreichische Nationalbank (OeNB) scheute keine Kosten und Mühen, um eine wohlige Atmosphäre zu schaffen.
Doch weder die perfekt inszenierte Komposition, noch das zauberhaft beleuchtete Palais Ferstel konnten über die Tatsache hinwegtäuschen, dass der Übergang vom alten Gouverneur zum neuen an der Spitze der Notenbank gründlich missglückt ist.
Das klang auch bei den Rednern durch. Vor allem der die Veranstaltung eröffnende OeNB-Präsident, Harald Mahrer, gab sich alle Mühen, möglichst verklausuliert darauf hinzuweisen, wie wichtig Kommunikation und Vertrauen für eine Notenbank sind. Er hätte das neue Direktorium „hochmotiviert“ und „voller Tatendrang“ erlebt. Jedoch könne eine Expertenorganisation wie die Nationalbank ohne Kommunikation und Vertrauen „nicht leben und nicht überleben“.
Gegenseitige Bosheiten
Die Kommunikation zwischen Nowotny und Holzmann war in den vergangenen Monaten quasi nicht vorhanden – bis hin zu destruktiv: So sollen dem designierten Gouverneur unter anderem Informationen vorenthalten worden sein. Holzmann und der FPÖ-nahe Direktor Eduard Schock sollen auch bei den traditionellen OeNB-Pressegesprächen in Alpbach, an denen normalerweise alle Direktoren und oft auch Abteilungsleiter teilnehmen, ausgeladen worden sein.
Auf der anderen Seite ließ Holzmann auch keine Chance aus, um das bisherige OeNB-Management vor den Kopf zu stoßen. Wenige Tage vor seinem offiziellen Antritt als Gouverneur schickte er als Privatperson über eine Wiener PR-Agentur eine Mitteilung mit einer recht populistischen Betonung auf die Beibehaltung des Bargelds.
Auch zwischen dem neuen Gouverneur und seinen ÖVP-nahen Kollegen im Direktorium hat die Kommunikation bisher nicht so funktioniert wie es angebracht wäre, um eine produktive Arbeitsatmosphäre zu schaffen. So waren Gottfried Haber und Thomas Steiner nicht davon informiert, als Holzmann zusammen mit Schock letzte Woche die Personalchefin entlassen wollten. Auch von dem Vorhaben, einem Hauptabteilungsleiter die Pension nahezulegen und dem bisherigen Pressesprecher eine Versetzung anzubieten, wussten die beiden nichts.
Konsens wiederherstellen
Unter diesen Vorkommnisse hat das gegenseitige Vertrauen innerhalb des Direktoriums gelitten – oder besser gesagt: Es konnte gar nicht erst richtig entstehen. So musste kurz nach dem Bekanntwerden der missglückten Entlassung eine mehrstündigen Krisensitzung vom OeNB-Präsidenten Mahrer einberufen und unter seiner Mediation geführt werden. Danach zeigte sich das Direktorium versöhnt und versicherte, dass es alle Ungereimtheiten in den kommenden Wochen ausräumen werde. Doch der Schaden war bereits geschehen – die Belegschaft verunsichert, der Betriebsrat kampfbereit und die Medien in Lauerstellung.
Unkommentiert konnte Nowotny eine solche Sache bei seinem Abschied nicht belassen. Also machte er klar, dass es bei jeder neuen Umstellung notwendig sei, allen Betroffenen „umfassende und offene Informationen“ zu geben, sich der „rechtlichen Grundlagen bewusst zu sein“, innerhalb derer man handelt und „Konsens in den Führungsgremien herzustellen“.
Holzmann gab sich zum feierlichen Abschluss Nowotnys versöhnlich: „Ich möchte mich bei Ewald entschuldigen, für die Wolken, die in den letzten Wochen über der OeNB entstanden sind.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2019)