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Lena siegt bei Song Contest: "Muss ich jetzt singen?"

NORWAY EUROVISION 2010
NORWAY EUROVISION 2010(c) EPA (Joerg Carstensen)
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Euro-Trash, Schnulzen und ganz viel Pop: Der Song Contest 2010 lieferte Eingängiges und war so unterhaltsam wie nie. Auch wegen der deutschen Siegerin Lena Meyer-Landrut. Der ORF zeigte lieber Musikantenstadl.

Überraschung war es eigentlich keine, und trotzdem erlitt Deutschland einen kleinen Schock: Kandidatin Lena Meyer-Landrut hat mit dem Popsong „Satellite“ am Samstag in Oslo den Eurovision Song Contest gewonnen. Überwältigt zeigt sich die 19-jährige Maturantin, die seit Wochen als eine der Favoritinnen bei den Buchmachern gehandelt wurde: „Das ist ... äh .... Hi!“ sagte sie, nachdem sie zur Siegerin ausgerufen wurde. „Ich glaub, mich tritt ein Pferd“, schickte ARD-Kommentator Peter Urban über den Äther. Und  selbst Entertainer Stefan Raab, der Meyer-Landrut in der von ihm konzipierten Casting-Show „Unser Star für Oslo“ ausgesucht hatte, blieb die Spucke weg.

"Nicht stark genug" für die Trophäe

Meyer-Landrut stellte dann auch gleich unter Beweis, wieso sie gekürt wurde: Sie bat, man möge ihr die Trophäe abnehmen, ein gläserner Pokal, denn dafür sei sie „nicht stark genug“. Und fragte kindlich: „Do I have to sing now?“ Der bürgerlich-naive Charme des Mädchens, sexy und unschuldig, macht das Phänomen Lena aus. Dabei bleibt die Schülerin erfrischend selbstbewusst: „Ich weiß nicht, wo ich hin soll. Ich quatsche einfach noch ein bisschen weiter", sagte sie nach ihrer Darbietung des Siegerliedes, ein bisserl x-beinig im engen kleinen Schwarzen mit hohen Stöckelschuhen. Ganz Schulmädchen-Report.



Der Song Contest, das jährliche Fernseh-Trash-Spektakel, bei dem auch ein bisschen gesungen wird, könnte in eine neue Ära eintreten: Hatte der Grand Prix bisher ein in seiner Absurdität ein einigendes Moment, weil Menschen in ganz Europa – ob als Fans oder in einer Form der Gegenkultur – zusahen, scheint er sich selbst wieder ernst zu nehmen. Kein Land schickte singende Hähne oder Clowns ins Rennen. Der skurrilste Auftritt kam heuer wohl aus Serbien: Der androgyne Milan Stanković mit tiefer Stimme und Prinz-Eisenherz-Frisur zelebrierte in „Ovo Je Balkan“ Balkan-Pop.

Chancenloser Euro-Trash und Disco-Pathos

Durchaus beeindruckend war die Qualität einiger Künstler. Der Belgier Tom Dice, ein Singer-Songwriter wie er im Buche steht, kam mit dem berührend-dezenten „Me And My Guitar“ auf Platz sechs und lag zwischenzeitlich sogar vorne. Wie auch die für den Wettbewerb typischste Nummer, Retorten-Pop aus Dänemark: Chanée & N'evergreen landeten mit „In A Moment Like This" immerhin auf Platz vier. Spanien durfte zwei Mal singen: Bühnenstürmer "Jimmy Jump" störte Sänger Daniel Diges’ Darbietung von „Algo Pequenito“. Chancenlos blieben Euro-Trash und Disco-Pathos wie etwa von der isländischen Dance-Walküre Hera Björk („Je Ne Sais Quoi“, Platz 19). Eine Blamage erlebten Rekordsieger Irland (sieben Siege in der Grand Prix-Gschichte) und Großbritannien (fünf Siege). Die Iren belegten den 23., die Briten den 25. und damit letzten Platz.



Für den spürbaren Qualitätssprung gleichermaßen verantwortlich waren wohl die beiden Halbfinalrunden und die Entmachtung des Publikums: Am Dienstag und Donnerstag wurden in zwei Vorentscheidungen von jeweils 17 Kandidaten zehn ins Finale geschickt. Mit den Fixstartern – den größten Beitragszahlern der Rundfunkunion EBU, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien sowie Vorjahressieger Norwegen – standen 25 Sänger und Bands im Finale auf der Bühne. Abgestimmt haben heuer – nach einer neuerlichen Regeländerung – Zuschauer und Landesjurys je zur Hälfte. Die gängige Praxis, Nachbarländern Punkte zuzuschanzen, wurde damit eingedämmt: Derart motivierte Punktevergaben goutierte das Live-Publikum in der Osloer Telenor-Arena mit Buhrufen.

ORF zeigt lieber Musikantenstadl

Damit wird das Argument Österreichs, das heuer zum dritten Mal in Folge auf die Teilnahme verzichtete, obsolet: Im ORF bemängelte man, dass die Herkunft der Kandidaten wichtiger sei als die Songs. Und zeigte lieber den Musikantenstadl.

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