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Koalition

Weniger Skepsis, mehr Sondierungen

ÖVP-Chef Sebastian Kurz (2. von links) führte mit seinem Team das zweite Sondierungsgespräch mit Grünen-Chef Werner Kogler (2. von rechts) und seinen Co-Verhandlern.
ÖVP-Chef Sebastian Kurz (2. von links) führte mit seinem Team das zweite Sondierungsgespräch mit Grünen-Chef Werner Kogler (2. von rechts) und seinen Co-Verhandlern.APA/HELMUT FOHRINGER
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ÖVP und Grüne wollen nun nicht nur sondieren, sondern „vertiefend sondieren“. Ganz ernst ist es noch nicht, aber es wird. Exklusiv übrigens auch nicht: Auch die Neos verhandeln mit.

Wien. Der Weg hin zu einer neuen Regierung, das lässt sich gerade in der Wiener Himmelpfortgasse gut beobachten, führt nicht nur über einen sattroten Teppich hinauf ins Winterpalais des Prinzen Eugen von Savoyen, sondern auch durch unterschiedliche Phasen. Werner Kogler steht Freitagfrüh noch im Eingangsbereich des Gebäudes und erklärt den Anwesenden zur Sicherheit die nötigen Schritte bis zum Ziel. Die ÖVP und seine Grünen sondieren erst, man befindet sich in der Anfangsphase. „Um das klarzustellen. Das heißt: Jetzt ist zu schauen, ob es gehen könnte“, sagt Kogler. Möglicherweise entwickeln sich daraus dann Regierungsverhandlungen. Und die würden sich dann darum drehen, „wie es gehen wird“.

Drei Stunden später befinden sich die Grünen schon einen Schritt weiter, und auch für diese Phase hat Kogler eine Bezeichnung gefunden: Gemeinsam mit der ÖVP will man nun „vertiefende Sondierungen“ beginnen. Beide Seiten seien an vernünftigen Gesprächen interessiert. Ernst und exklusiv ist es also noch nicht ganz zwischen den beiden Parteien, aber man ist am Weg dorthin. In der kommenden Woche sind gleich mehrere Gesprächstermine geplant, nur durch die konstituierende Nationalratssitzung am Mittwoch wird es eine kurze Unterbrechung geben.

Gute und angenehme Gespräche seien das jedenfalls gewesen, meint Kogler. Er hätte sich gut unterhalten. Und wenn man Kogler so zuhört, ist die Partei wohl selbst ein bisschen überrascht davon.

Hier sprechen zwei Wahlsieger, die nicht an jeder Stelle für das gleiche gewählt wurden

Werner Kogler Grünen-Chef

Denn eine gewisse Skepsis gab und gibt es bei den Grünen schon noch, wenn man an die ÖVP und ihren Obmann, Sebastian Kurz, denkt. Nicht nur auf sachpolitischer Ebene. Dass sich der Ex-Bundeskanzler in seiner ersten Gesprächsrunde mit den Parteichefs in Szene setzte, indem er zwei Österreich-Fahnen hinter sich platzieren ließ, und sein Gegenüber nichts oder nur eine Topfpflanze im Hintergrund bekam, fiel den Grünen auf. Negativ. Auf solche Details will die Partei nun achten, um der Message Control der ÖVP nicht zum Opfer zu fallen. Man ist sich auch bewusst, dass das Gegenüber hochprofessionell und erfahren ist.

Die Personen haben Fachexpertise und politischen Willen mitgebracht.

Sebastian Kurz ÖVP-Chef

Und dann wären da noch die inhaltlichen Unterschiede, die es zwischen den beiden Parteien gibt. „Wir haben die Herausforderungen gemeinsam erkannt“, sagt Kogler. „Hier sprechen zwei rigorose Wahlsieger, die nicht an jeder Stelle für das gleiche gewählt wurden.“ Zuvor hatte Kogler seine wichtigsten Themen auch aufgezählt: Die Bekämpfung des Klimawandels, der Kinderarmut und der Korruption.

Man will sich noch Zeit lassen

Und die ÖVP? Kurz bedankte sich nach den „inhaltsreichen, guten Gesprächen“ auch für das Verhandlerteam, das an diesem Freitag mit dabei war. „Es war eine gute Auswahl an Personen, die Fachexpertise und politischen Willen mitgebracht haben.“ Aber auch er betont: noch wird nur sondiert, nicht verhandelt. Denn „die Grünen haben auf Bundesebene noch nie regiert und noch nie mit uns zusammengearbeitet“. Daher brauche es etwas mehr Zeit.

Kurz wird wohl auch überlegen, ob und wie lang er noch mit den Neos sondieren möchte. Am Freitagnachmittag war Parteichefin Beate Meinl-Reisinger mit ihrem Team ins Palais geladen. „Es war ein intensives, offenes, vertrauensvolles Gespräch“, sagte sie danach. „Wir haben vereinbart, dass wir nächste Woche wieder zusammenkommen werden.“ Bis zur Endphase der Sondierungen wird es also noch dauern.[PW1RH]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2019)