Untersuchungskommission

157 Tote: Irak zieht Bilanz nach blutigen Protesten

Die Proteste flauten auch in Bagdad nur langsam ab.
Die Proteste flauten auch in Bagdad nur langsam ab.REUTERS
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Die von der Regierung eingesetzte Kommission legt ihren Bericht vor: Die Befehlshaber hätten die Kontrolle über ihre Streitkräfte verloren.

Bei den regierungskritischen Protesten im Irak vor wenigen Wochen sind insgesamt 157 Menschen gestorben. Sie seien ums Leben gekommen, weil Sicherheitskräfte exzessive Gewalt angewandt und scharf geschossen hätten, heißt es laut der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag in einem Bericht einer Untersuchungskommission der Regierung, aus dem das staatliche Fernsehen zitierte.

149 Zivilisten und acht Angehörige der Sicherheitskräfte seien getötet worden. Hochrangige Sicherheitsbeamte hätten die Kontrolle über ihre Streitkräfte verloren, heißt es in dem Bericht weiter. Die Kommission empfahl, den Befehlshaber der Operation und Dutzend andere Verantwortliche zu entlassen.

Der Ausschuss fand nach eigenen Angaben Beweise für den Einsatz von Scharfschützen, die auf Demonstranten zielten: Bei Felduntersuchungen seien "Patronenhülsen eines Scharfschützengewehr" in einem verlassenen Gebäude in der Nähe einer Tankstelle im Zentrum von Bagdad gefunden worden.

Neue Proteste angekündigt

Die Proteste hatten am 1. Oktober in zahlreichen Städten und Provinzen des Iraks begonnen und flauten erst eine Woche später wieder ab. Tausende vor allem junge Menschen demonstrieren gegen die hohe Arbeitslosigkeit, Misswirtschaft und die grassierende Korruption. Die Regierung hat Reformen versprochen. Ein 17-Punkte-Plan stellt unter anderem Unterstützung für Arbeitslose sowie Hinterbliebene von getöteten Demonstranten in Aussicht. Für Freitag sind neue Proteste angekündigt.

Trotz der Ölreserven des Iraks ist die Arbeitslosigkeit vor allem unter jungen Menschen hoch. Nach einer Übersicht von Transparency International (TI) gehört der Irak zu den zwölf Ländern mit der höchsten Korruption weltweit. Die Arbeitslosigkeit stieg in den vergangenen Jahren stark. Bereits im vergangenen Jahr hatte es in der südirakischen Stadt Basra Massenproteste gegen die schlechte Stromversorgung und die schlechte Qualität des Trinkwassers gegeben. Auch damals kamen mehrere Menschen ums Leben.

(APA)

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