Champions League

Meuterei im Golf von Neapel

5th November 2019; Stadio San Paolo, Naples, Campania, Italy; UEFA Champions League Group Stage Football, Napoli versus
5th November 2019; Stadio San Paolo, Naples, Campania, Italy; UEFA Champions League Group Stage Football, Napoli versusimago images/Action Plus
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Nach dem Remis gegen Salzburg herrscht bei SSC Napoli Funkstille. Die eigentlich kasernierten Profis und ihr Starcoach Carlo Ancelotti legen sich mit dem streitbaren Klubchef an.

Neapel. Zuerst einmal wird aufrichtigst zum Ergebnis gratuliert. So viel Zeit muss sein. Auch der zigste italienische Journalist, der nach einem Fußballspiel eine Frage an „Signor Ancelotti“ richtet, verzichtet nicht auf diese Gepflogenheit (die von den internationalen Kollegen natürlich sofort aufgegriffen wird). Dann folgt eine meist deutlich länger als notwendig ausformulierte Frage, die Carlo Ancelotti, Starcoach des SSC Napoli, mit leiser Stimme beantwortet. Ganz ohne Fußballphrasen kommt dabei auch der 60-Jährige, der schon drei Mal die Champions League gewonnen hat, nicht aus. War seine Mannschaft siegreich, läuft eine solche Pressekonferenz, moderiert vom langjährigen Napoli-Pressechef Nicola Lombardo, durchaus humorvoll ab. Auch der meist grimmig dreinblickende Ancelotti kann lachen.

Dieses Mal aber blieb Ancelotti stumm. Nach dem aus italienischer Sicht enttäuschenden 1:1 gegen Red Bull Salzburg herrschte im Stadio San Paolo von Neapel absolute Funkstille. Ancelotti sagte erstmals in seiner Amtszeit die obligatorische Pressekonferenz ab.

Dass dem Klub deshalb eine Geldstrafe durch die Uefa droht, ist nur eine Randnotiz, schließlich wird die Absage als Reaktion auf die ungeliebte Kasernierung gedeutet, die der streitbare Vereinspräsident, Aurelio De Laurentiis, ein 70-jähriger Filmproduzent, der Mannschaft nach schwachen Ergebnissen in der Liga noch bis Sonntag verordnet hat. Ancelotti hatte sich bereits am Montag dagegen ausgesprochen, musste sich aber seinem Präsidenten beugen.

REUTERS

Der Druck auf den früheren Erfolgscoach wird größer. Nach drei Partien ohne Sieg ist Napoli in der Serie A auf Platz sieben abgerutscht. Durch das Remis gegen Salzburg, bei dem vor der Pause eine Vielzahl an Großchancen ausgelassen wurde, ist die Ancelotti-Truppe vor dem Schlager in Liverpool auch in Champions-League-Gruppe E ihre Spitzenposition los. „Napoli baut auf und zerstört zur selben Zeit seine Arbeit“, analysiert „Corriere dello Sport“.

„Wir fahren nach Hause“

Das Team stellte sich hinter Ancelotti. „Wir sind eine geeinte Gruppe. Und das sind wir dank unseres Trainers“, erklärte Kapitän Lorenzo Insigne, der als einer der wenigen Napoli-Akteure nach dem Salzburg-Spiel vor die Presse trat.

Eigentlich wären Insigne und Co. bis Sonntag im Trainingszentrum Castel Volturno, 35 km nördlich von Neapel, kaserniert. Früher war ein solcher „Ritiro“ im italienischen Fußballbetrieb eine nicht unübliche Strafmaßnahme. Während Ancelotti und sein Trainerteam nach dem Salzburg-Match auch gehorsam nach Castel Volturno zurückkehrten, weigerten sich die Spieler, dies zu tun. Sie informierten Edoardo De Laurentiis, den Sohn Aurelios und Klub-Vizepräsidenten, sowie ihre Anwälte: „Wir fahren nach Hause.“

APA/AFP/ALBERTO PIZZOLI

Eine zwangsweise Kasernierung sei durch keinen Punkt in den Verträgen gedeckt, argumentierten sie. Am Mittwochvormittag kehrten die Spieler auf das Trainingsgelände zurück und rauschten nach der Regenerationseinheit wieder nach Hause ab. Der Klub stornierte die für die Kasernierung angemieteten Hotelzimmer.

Nach Informationen von „Gazzetto dello Sport“ stand Vereinsboss De Laurentiis in Kontakt mit Anwälten, um mögliche Sanktionen gegen die „Meuterer“ zu prüfen. Nach der Salzburg-Partie hatte die Sportzeitung analysiert: „Das Straftraining heilt nicht die Probleme von Ancelottis Mannschaft. Ein solches Match dürfte nicht mit 1:1 zu Ende gehen. Die Neapolitaner verschwenden alles, was man nur verschwenden konnte.“ (joe/ag.)

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