Grüne: Interne Kritik an Vassilakou

Grueninterne Kritik Vassilakou
Grueninterne Kritik Vassilakou(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Chaos in der Josefstadt, Ärger in Mariahilf, schlechte Werte: Die Grünen schwächeln vor der Wien-Wahl. Klubchefin Maria Vassilakou versucht den Schaden zu begrenzen.

WIEN. Die Grünen sind wieder die alten. Zumindest erwecken die Vorgänge in der Josefstadt diesen Eindruck: Mitten im Wahlkampf für die Wien-Wahl am 10. Oktober sägen die Grünen nach internen Querelen ihren Bezirksvorsteher Heribert Rahdjian ab („Die Presse“ berichtete in Teilen ihrer Donnerstag-Ausgabe). Mit Rahdjian muss jener Mann von Bord gehen, der die bürgerliche Josefstadt umgedreht und für die Grünen erobert hat.

Während Rahdjian bis zum 10. Oktober noch Bezirksvorsteher spielen darf, wurde am Donnerstag bereits sein Nachfolger als Spitzenkandidat für diesen Job präsentiert: der weitgehend unbekannte Alexander Spritzendorfer (47), derzeit Klubsekretär der niederösterreichischen Grünen, soll die Mehrheit bei der Bezirksvertretungswahl 2010, und damit den Posten des Bezirkschefs sichern – was nach den jüngsten Querelen mehr als unsicher ist. Denn die Grünen lagen bei der Wien-Wahl 2010 mit 32,26 Prozent nur knapp vor ÖVP (29 Prozent) und SPÖ (28,58 Prozent). Nun tritt der (in der Bevölkerung) völlig unbekannte Spritzendorfer an, der als Favorit von Klubchefin Maria Vassilakou galt, falls Rahdjian fallen sollte.

„Die Performance ist suboptimal“

Die Josefstadt, wo Rahdjians Stellvertreterin Doris Müller äußerst engagiert und erfolgreich am Sessel ihres Chefs gesägt hat, ist nicht das einzige Problem von Maria Vassilakou. Ärger gab es auch in Mariahilf. In dem grünen Hoffnungsbezirk wurde die langjährige Gemeinderätin Susanne Jerusalem dem Bezirk als Spitzenkandidatin vor die Nase gesetzt – was für entsprechenden Aufruhr sorgte. Und zwischen diesen beiden grünen Hoffnungs-, besser gesagt Problembezirken sitzt das grüne Urgestein Thomas Blimlinger, der erste grüne Bezirkschef Österreichs – und hat wenig Freude mit den Dingen, die sich in seiner direkten Nachbarschaft abspielen: „Die Performance, der Zustand der Grünen ist suboptimal. Da muss man sich verbessern. Denn der Ernst der Lage ist jedem bewusst“, erklärt Blimlinger, der eine Stabilisierung der Turbulenzen noch vor dem Sommer fordert, der „Presse“.

Was soll konkret verbessert werden? „Die Arbeit im Bezirk ist recht erfolgreich. Auf der Landesebene muss man aber etwas verbessern“, meint Blimlinger, der damit die Performance der Führung rund um Maria Vassilakou kritisiert: „Es ist grundsätzlich kein Geheimnis, dass es Probleme gibt. Es geht um das Management. Man muss rechtzeitig regieren, wenn es Konflikte gibt.“ In den letzten Jahren hätte es grüne Bezirksorganisationen gegeben, in denen sich viel geändert hätte, in denen es Konflikte gab: „Die Landespartei muss hier eingreifen.“ Denn eine Situation mit einer Kampfabstimmung wie in der Josefstadt sei völlig unnötig, so Blimlinger: „Bei diesen Wahlen gibt es immer Gewinner, aber auch Verlierer.“ Dass die grünen Turbulenzen in der Josefstadt und Mariahilf auf das dazwischenliegende Neubau abfärben, glaubt Blimlinger nicht: „Ich hoffe es auch nicht.“

Während sich die Grünen, die sich eigentlich als stabile Regierungspartei präsentieren wollen (für den Fall, dass Bürgermeister Michael Häupl nach der Wien-Wahl auf einen Koalitionspartner angewiesen ist) in Grabenkämpfen ergehen, versuchte Klubchefin Maria Vassilakou, die auch Spitzenkandidatin für die Wien-Wahl ist, den Schaden zu begrenzen: „Es war für mich klar, dass es in der Josefstadt einen Neubeginn braucht.“

Wahlprogramm: Kinder statt Autos

Alexander Spritzendorfer, der seit rund zehn Jahren in der Josefstadt lebt, feilt bereits an seinem Wahlprogramm: Die Lebensqualität in der Josefstadt soll verbessert, das Thema „Nachhaltigkeit“ den Bürgern stärker ins Bewusstsein gebracht werden, wozu die Nahversorgung und Alternativen zu fossilen Brennstoffen zählen. Dazu soll der Raum in der Josefstadt „umverteilt“ werden. Das Motto: Spielplatz statt Parkplatz; mehr Platz für Kinderwagen statt für Autos: „Dass die VP-Spitzenkandidatin Veronika Mickel mehr Parkplätze fordert, ist für mich unerträglich. Wir brauchen im Gegenzug mehr Platz für sichere Schulwege.“
Meinung, Seite 37

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2010)

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