Zustände wie bei Franz Kafka? „Ich werde seit zehn Jahren verfolgt“, sagt Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.

Verfahren gegen Grasser und Co.: Der Prozess ist die Strafe

Die Gerichtsverhandlung gegen Karl-Heinz Grasser und seine Mitangeklagten steht knapp vor ihrem zweiten Jahrestag. Es geht um die Buwog-Affäre. Also um Korruption. Und um ein Justizsystem, das mehr als nur einen Stresstest überstehen muss.

Und er? Wie schaut er aus? Hat er sich gut gehalten? Sieht man ihm das alles an? Wo ist er eigentlich? Meistens ist er unsichtbar. Sozusagen. Entdeckt man ihn dann doch, nimmt man eigentlich nur einen Außenseiter wahr. Dabei eignet gerade er sich so gar nicht als Randfigur. In dieser Rolle ist er die totale Fehlbesetzung. Dennoch spielt er sie.

Wenn der unter Denkmalschutz stehende Große Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen zu Wien (Generationen von Schwerverbrechern wurden dort bereits verurteilt) ein Bild ist, eines dieser schweren Alte-Meister-Gemälde, dann ist er der Statist am äußeren linken Bildrand, der lediglich deshalb dazu gemalt wurde, um die Harmonie der Gesamtkomposition zu bewahren.

Karl-Heinz Grasser also. Viele fragen, was aus ihm wurde. Andere kennen ihn gar nicht (mehr). Die Jungen, die mittlerweile volljährig sind, waren noch nicht auf der Welt, als er, früher Finanzminister der Republik Österreich, vorhatte, vier Wohnbaugesellschaften des Bundes zu verkaufen. Darunter war auch jene, die Jahre später zur Namensgeberin des größten Korruptionsprozesses werden sollte, den diese Republik je hatte: die Buwog. Ist Karl-Heinz Grasser korrupt? Hat das vormalige Mitglied der österreichischen Bundesregierung (2000 bis 2007) den Staat geschädigt, dem er dienen sollte? Hat der einstige FPÖ-Politiker, anfangs von Jörg Haider forciert, schon im Jahr 2000 einen „Tatplan“ ausgeheckt, wie die Strafbehörden sagen? Einen Plan, um möglichst immer dann mitzuschneiden, wenn die Regierung Bundeseigentum privatisiert – genauer: um verdeckt ausbezahlte Provisionen in seine Taschen fließen zu lassen?

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) bejaht diese Fragen. Grasser verneint sie. Es gilt die Unschuldsvermutung. Man muss gestehen: Die gilt sowieso. Ob man sie erwähnt oder nicht. Wenn sie jedoch zu oft erwähnt wird, wandelt sie sich zu einem Code, der auf Verpöntes weist, zu einem Signal für etwas, das mit Kriminalität zu tun hat.

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