Die EU ist direkt betroffen vom Bürgerkrieg in Syrien. Umso beschämender ist es, dass die Europäer nichts mitzureden haben. Ihnen fehlt jeglicher Plan.
Europa hat keine Strategie in Syrien, nicht erst seit gestern, sondern seit Beginn des Bürgerkriegs vor neun Jahren. Spätestens seit der großen Flüchtlingswelle 2015 müsste auch den größten Ignoranten in den europäischen Staatskanzleien bewusst sein, welche destabilisierende Wucht der Brandherd vor den Toren des Kontinents hat. Unter dem Eindruck der unkontrollierten Masseneinwanderung wurden in Europa ganze politische Landschaften umgepflügt: Regierungschefs stürzten, Rechtspopulisten stiegen auf, und die Briten entschieden sich genau in dieser Atmosphäre der Verunsicherung für einen Ausstieg aus der EU. Deutlicher hätte die Lektion nicht ausfallen können. Gelernt aber haben die Europäer nicht viel, außer – immerhin – wenigstens den Versuch zu starten, ihre gemeinsame Außengrenze dichtzumachen.
All die wohlfeilen Appelle, an die Wurzel des Problems in Syrien zu gehen, sind Gerede geblieben. Die Europäer haben nichts zu vermelden in Syrien. Den Ton geben jene Staaten an, die sich militärisch engagieren: Russland, die Türkei und der Iran. Und der Dirigent heißt Wladimir Putin. Den Europäern ist die Rolle der moralisch entrüsteten Zuschauer vorbehalten. Das führen Putin und Erdoğan der Welt ein ums andere Mal vor Augen, wenn sie, wie neulich in Moskau, ihre Syrien-Gipfel abhalten. Manchmal ziehen die Präsidenten Russlands und der Türkei noch ihren iranischen Amtskollegen hinzu, die Europäer aber sitzen nie am Erwachsenentisch.