Reportage

Abwehrschlacht im Niemandsland

Flüchtlinge an der abgeriegelten Grenze nahe Kastanies.
Flüchtlinge an der abgeriegelten Grenze nahe Kastanies.APA/AFP/SAKIS MITROLIDIS
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Tausende Flüchtlinge harren an der griechisch-türkischen Grenze aus, um in die EU zu gelangen. Athen geht mit aller Härte gegen Versuche vor, die Grenze zu überwinden. Die Bewohner der Gegend fühlen sich bedroht. Ein Lokalaugenschein.

Kastanies, Griechenland. Das stille Dorf im äußersten Nordosten des Landes – gleichsam im Schatten der prächtigen Moscheen der nur einige Kilometer entfernten türkischen Stadt Edirne – ist in der vergangenen Woche zu einem neuen Hauptschauplatz des europäischen Flüchtlingsdramas geworden. Am 28. Februar hatte der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, die Grenzen auf türkischer Seite für geöffnet erklärt und höchstpersönlich das Gerücht gestreut, dass bereits Tausende Flüchtlinge die Grenze Richtung Griechenland passiert hätten. Seither haben sich Karawanen von Flüchtlingen zu den Grenzzäunen aufgemacht und zum Grenzfluss Evros/Maritza, um ihr Glück auf dem Weg in den goldenen Westen zu versuchen.

Auf griechischer Seite ist von alldem nichts zu sehen. Die Äcker und Hügel des Grenzlandes sind leer. Nur griechische Militärpatrouillen durchstreifen die Gegend. Bei der Grenzstation Kastanies – auf der anderen Seite: Pazarkule – ist Endstation für neugierige Journalisten, einzig Polizei, Militär und Feuerwehr kommen durch ins Niemandsland.
Dabei hat es dort am Freitag und in der Nacht auf Samstag Krawall gegeben: Von türkischer Seite wurden Tränengas und Rauchgasgranaten in Richtung der Griechen geschossen, die griechische Polizei griff ebenfalls zum Tränengas. Rauchwolken legten sich über die Landschaft.

Kein Durchkommen

Soweit die Bilder zeigen, fand dieser Schlagabtausch mehr oder weniger ohne Beteiligung von Flüchtlingen statt. Der Festlandbrückenkopf der Türkei von Kastanies bis zum Ort Vyssa ist, mit Ausnahme von ein paar Hundert Metern neben der Grenzstation, von einem zwölf Kilometer langen Grenzzaun gesichert – da ist kaum ein Durchkommen. In der Nacht auf Samstag sollen Migranten nach Angaben der griechischen Regierung versucht haben, den Grenzzaun in Brand zu stecken, um über die Grenze zu gelangen. Und viele haben in den vergangenen Tagen ihr Glück wieder am Fluss selbst versucht, an der über 100 Kilometer langen natürlichen Grenze bis zum Meer. Fast 300 Flüchtlingen, in der Mehrheit Afghanen, gelang es, die Grenze zu überwinden, sie wurden aber rasch aufgegriffen und in das etwa 20 Kilometer entfernte Auffanglager bei Fylakio verfrachtet.

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