Energiekonzern

OMV stellt sich völlig neu auf

Die OMV-Tankstellen in Österreich bleiben (im Bild jene an der Rückseite der Börse in Wien), die in Deutschland werden verkauft.
Die OMV-Tankstellen in Österreich bleiben (im Bild jene an der Rückseite der Börse in Wien), die in Deutschland werden verkauft.(c) Stefan Kiefer / Visum / picturedesk
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Die OMV baut ihr Portfolio „in Richtung eines nachhaltigen Wachstums“ um. Das heißt: Verkauf des deutschen Tankstellennetzes und Mehrheitsübernahme bei Borealis.

Wien. Die OMV baut ihre Geschäftsfelder massiv um. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Einstieg beim russischen Achimov-Gasfeld wackelt, am Mittwoch hat der OMV-Aufsichtsrat den Mehrheitserwerb am Chemiekonzern Borealis abgesegnet, und am gestrigen Donnerstag kündigte das Unternehmen an, dass der Pipeline-Betreiber Gas Connect Austria und das deutsche Tankstellengeschäft abgegeben werden sollen.

Die OMV Deutschland GmbH betreibt im süddeutschen Raum – mit Schwerpunkt in Bayern und Baden-Württemberg – unter der Premiummarke OMV 287 Tankstellen. 195 davon haben auch Viva-Shops. Dieses Geschäft passt Rainer Seele, dem Vorstandsvorsitzenden und Generaldirektor der OMV, offenbar nicht mehr ins Konzept: Mit der möglichen Veräußerung treibe die OMV „aktiv ihr Portfoliomanagement in Richtung eines nachhaltigen und profitablen Wachstums voran“, hieß es in einer Mitteilung des Konzerns am Donnerstag.

Verhandlungen mit Verbund

Bei dieser aktiven Neuausrichtung scheint auch kein Platz mehr für die Gas Connect Austria (GCA) zu sein, die OMV will sich von ihren 51 Prozent trennen. Man möchte mit dieser Veräußerung der „Strategie folgend aus dem regulierten Gastransportgeschäft aussteigen und ein aktives Portfoliomanagement betreiben, um weiterhin profitabel zu wachsen“, schrieb die OMV in einer weiteren Erklärung.

Im österreichischen Stromerzeuger Verbund hat das Energieunternehmen einen möglichen Käufer gefunden, mit dem nun exklusiv verhandelt wird. Die restlichen 49 Prozent an der Gas Connect Austria hält die AS Gasinfrastruktur GmbH, die wiederum zu 60 Prozent dem deutschen Allianz-Konzern und zu 40 Prozent dem italienischen Pipelinebetreiber Snam gehört.

Die Gas Connect Austria verfügt über ein rund 900 Kilometer langes Erdgas-Hochdruckleitungsnetz in Österreich. Die verkaufte Transportkapazität liegt nach eigenen Angaben bei 143 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr.

Die Gas Connect Austria ist für die Errichtung und den Betrieb von Erdgas-Hochdruckleitungen in Österreich sowie für die Vermarktung und Bereitstellung von Transportkapazitäten an den Grenzübergangspunkten, sogenannten Entry- und Exit-Kapazitäten, und von Transportkapazitäten für im Inland benötigtes Erdgas zuständig. Der Verbund ist im Stromleitungsgeschäft mit dem Übertragungsnetzbetreiber APG tätig.

Zukauf um 4,1 Mrd. Euro

Bereits am Mittwoch hatte der OMV-Aufsichtsrat grünes Licht für den Zukauf von weiteren 39 Prozent am Chemiekonzern Borealis um 4,68 Mrd. Dollar (4,1 Mrd. Euro) gegeben, womit die OMV dann 75 Prozent an Borealis halten wird. Der Kaufvertrag zwischen der teilstaatlichen OMV und dem bisherigen Mehrheitseigentümer Mubadala wurde am Donnerstag unterzeichnet, mit dem Abschluss des Deals wird bis Ende 2020 gerechnet. Mubadala ist der Staatsfonds von Abu Dhabi, ihm gehören 64 Prozent der Borealis-Anteile. Die Mubadala Petroleum and Petrochemicals Holding der Vereinigten Arabischen Emirate hält auch 24,9 Prozent an der OMV selbst.

6900 Mitarbeiter bei Borealis

Die Borealis-Übernahme ist die bisher größte Akquisition eines österreichischen Unternehmens (die Übernahme des deutschen Lichttechnik-Konzerns Osram durch die steirische AMS um bis zu 4,6 Mrd. Euro ist noch nicht durch, die Steirer halten 60 Prozent der Anteile und peilen bis zum Sommer einen Beherrschungsvertrag an).

Borealis erzielte im Jahr 2019 weltweit einen Umsatz von 9,8 Mrd. Euro und einen Nettogewinn von 872 Mio. Euro. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Wien beschäftigt etwa 6900 Mitarbeiter und ist in mehr als 120 Ländern tätig. Seele erklärte in einer Aussendung, das die Transaktion „nicht nur ein weiterer Meilenstein in der Umsetzung unserer Strategie“ sei, „sondern die größte Veränderung in der Geschichte der OMV. Damit wird die OMV zu einem globalen Öl-, Gas- und Chemiekonzern, dessen integriertes Geschäftsmodell vom Bohrkopf bis zu hochwertigem Kunststoff reicht und den Konzern für eine klimaverträgliche Zukunft neu positioniert.“

Geld für den Borealis-Zukauf wird unter anderem frei, weil der Einstieg der OMV beim russischen Achimov-Gasfeld zuletzt wieder in weite Ferne gerückt ist und möglicherweise ganz scheitern könnte. 905 Mio. Euro hätte die OMV für knapp 25 Prozent an der Entwicklung der Gebiete IV und V der Achimov-Formation im Öl-, Gas- und Kondensatfeld Urengoy bezahlen sollen, die Vertragsunterzeichnung war für Ende 2019 geplant.

Verhandlungen bis 2022

Vor einer Woche teilte die OMV aber überraschend mit, dass sich die Verhandlungen bis 2022 hinziehen könnten, wobei auch der bereits fixierte Kaufpreis nicht mehr fix sei und die russische Gazprom auch mit anderen möglichen Käufern verhandeln könne.  (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.03.2020)

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