Budgethaushalt

Parlament streicht möglicherweise Budgetrede

APA/ROBERT JAEGER
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Am Mittwoch soll Finanzminister Blümel das Budget 2020 präsentieren – unwissend, wie sich die Corona-Krise auswirkt. Aktuell nimmt man nur noch 0,8 Prozent Wirtschaftswachstum für heuer an.

Wien. Wochenlang haben die Mitarbeiter von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) an seiner ersten Budgetrede gearbeitet. Der Haushalt 2020 ist zwar nur ein „Schrumpfbudget“ ohne große Akzente, dennoch wäre dem ersten Auftritt des Finanzministers der türkis-grünen Koalition Bedeutung zugekommen und er hätte die Rede nützen können, um den finanzpolitischen Weg für diese Legislaturperiode aufzuzeigen.

Wäre und hätte. Die Vorbereitungen können die Mitarbeiter vermutlich wieder über den Haufen werfen. Denn die Corona-Krise sorgt auch im politischen Ablauf in Österreich für eine Premiere: Die für Mittwoch geplant gewesene Budgetrede findet voraussichtlich nicht statt. Nach einer Sitzung erklärte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) am Sonntag nachmittag zuerst, die Rede sei gestrichen. Das Budget werde lediglich eingebracht und dem Budgetausschuss zugewiesen. Später relativierte ein Sprecher Sobotkas: Möglicherweise findet die Budgetrede doch statt. Eine endgültige Entscheidung fällt am Dienstag.

Die Frage ist, was Blümel in seiner Rede überhaupt sagen soll. Die wirtschaftliche Situation Österreichs hat sich durch die Corona-Krise grundlegend verändert. Bisher ging das Finanzministerium von einem Überschuss im heurigen Jahr aus. Etwa 300 Millionen Euro hätten dem Finanzminister bleiben sollen. Davon ist jetzt keine Rede mehr. Auch ein ausgeglichener Haushalt wird sich angesichts der Krise nicht ausgehen. Derzeit ist weitgehend offen, wie der Staatshaushalt am Ende dieses Jahres aussehen wird.

Nur 0,8 Prozent Wachstum?

Dem Budget 2020 lag als Berechnungsgrundlage ein Wirtschaftswachstum von 1,2 Prozent zugrunde. Das wird es heuer zweifellos nicht geben. Und die Corona-Krise wird auch nicht nur lediglich 0,1 Prozentpunkte des Wirtschaftswachstums kosten, wie das manche Wirtschaftsforscher noch vor wenigen Wochen geglaubt haben. Die Industriellenvereinigung rechnet damit, dass sich Corona mit einem um 0,5 Prozentpunkte verringerten Wachstum niederschlagen wird. Das ist eine grobe und vor allem mutige Schätzung. Wirtschaftsforscher trauen sich derzeit nicht, öffentlich Zahlen zu nennen, weil nicht bekannt sei, wie lang die Krise dauern werde. Wie sehr wird der Tourismus betroffen sein, der in Österreich für 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verantwortlich ist? Und auch deshalb nicht, weil man nicht weiß, wie schnell sich die Wirtschaft nach Ende der Corona-Krise erholen wird.

Das Finanzministerium ließ sich dem Vernehmen nach Ende der vergangenen Woche kurzfristig eine Prognose von Ökonomen erstellen. In ihr wird angeblich von einem Wirtschaftswachstum von 0,8 Prozent für das heurige Jahr ausgegangen.

Experten warnen aber, dass es derzeit nur Momentaufnahmen gebe. Ende März werden das Wifo und das IHS geplant eine neue Prognose über das heurige Wachstum erstellen. Ob man dann schon klarer sieht, weiß man jetzt noch nicht. Möglicherweise muss die Prognose in den folgenden Tagen, Wochen und Monaten noch mehrmals korrigiert werden.

Zwei Sitzungstage

Welche Auswirkungen die Corona-Krise auf das heurige Budget und den Finanzrahmen der Regierung für die kommenden Jahre hat, wird man erst sehen, wenn man die Kosten kennt und weiß, welche Summen aus dem vier Milliarden Euro schweren Hilfspaket abgerufen wurden. Blümel hatte am Wochenende betont: „Ein ausgeglichener Haushalt ist immer wichtig, aber die Gesundheit der Österreicher, die Arbeitsplätze und der Standort sind wichtiger.“

Die Nationalratssitzungen in dieser Woche finden statt, vermutlich wie geplant am Mittwoch und Donnerstag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2020)

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