Coronavirus

Erneute Panikverkäufe an den Börsen

JAPAN-STOCKS
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Eine konzertierte Aktion führender Notenbanken gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Krise macht Anleger noch nervöser.

Die zusätzlichen Zinssenkungen und Geldspritzen großer Notenbanken halten den Ausverkauf an den Börsen nicht auf. "Die geldpolitischen Maßnahmen, so wirkungsvoll sie auch immer sein werden, schüren in einem ersten Schritt mehr Panik, als dass sie zur Beruhigung beitragen", sagte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader. "Eine gefährliche Abwärtsspirale hat sich in Gang gesetzt."

Wegen der Furcht vor einer weltweiten Rezession durch die Coronavirus-Pandemie fiel der DAX am Montag um knapp 9 Prozent auf ein Fünfeinhalb-Jahres-Tief von 8.413,99 Punkten. Auch die Handelsplätze in London, Paris, Madrid und Mailand verbuchten Kursverluste in ähnlicher Größenordnung. Der ATX in Wien rutschte zeitweise um mehr als zehn Prozent unter die Marke von 1800 Punkten. Der EuroStoxx50 büßte zeitweise 9,3 Prozent ein und notierte mit 2.345,17 Zählern so niedrig wie zuletzt vor knapp acht Jahren.

Am Wochenende hatte die US-Notenbank Fed zum zweiten Mal binnen zwei Wochen außerplanmäßig die Zinsen drastisch gesenkt und milliardenschwere Wertpapierkäufe angekündigt. Außerdem vereinbarte sie mit weiteren Notenbanken günstige Dollar-Kreditgeschäfte, um die Versorgung mit der Weltleitwährung sicherzustellen. Andere Zentralbanken lockerten ihre Geldpolitik ebenfalls.

Auch die angekündigten Konjunkturprogramme der Regierungen scheinen nicht zu verfangen, sagte BayernLB-Analyst Manuel Andersch. "Schließlich kommt das Wirtschaftsleben in vielen Teilen Europas durch mehr oder minder strikte Ausgangsverbote, Grenz- und Schulschließungen stark zum Erliegen." Großbritannien und die USA würden sicher bald zu ähnlichen Mitteln greifen, prophezeite Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com.

Die drastische US-Zinssenkung setzte der Währung des Landes zu. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, büßte 1,3 Prozent ein und steuerte auf den größten Tagesverlust seit dreieinhalb Jahren zu. Der Euro verteuerte sich im Gegenzug um 0,8 Prozent auf 1,1194 Dollar. Gefragt blieb auch die als sichere Anlage geltende Schweizer Währung. Dies drückte den Dollar um 0,7 Prozent ins Minus auf 0,9425 Franken.

Die "Antikrisen-Währung" Gold konnte ihre Anfangsgewinne dagegen nicht halten und verbilligte sich um 0,3 Prozent auf 1.525,35 Dollar (1.373,7 Euro) je Feinunze (31,1 Gramm). Offenbar müssten weitere Anleger das Edelmetall verkaufen, um Verluste in anderen Bereichen auszugleichen, sagten Börsianer.

Am Rohölmarkt drückte neben der Rezessionsangst auch der Preiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland auf die Kurse. Die Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 7,7 Prozent auf 31,24 Dollar je Barrel (159 Liter). Dadurch werde die Lage vor allem für US-Schieferölförderer kritisch, warnte Analyst Jeffrey Halley vom Brokerhaus Oanda. Die Regierung werde wohl eher früher als später ein Rettungsprogramm für die hoch verschuldete Branche auflegen müssen. Wegen des technisch aufwendigen Fracking-Verfahrens arbeiten diese Firmen Experten zufolge erst ab einem Ölpreis von 45 bis 50 Dollar profitabel.

Tourismuswerte und Airlines stürzen ab

Am Aktienmarkt kamen wegen der internationalen Reisebeschränkungen erneut die Touristikwerte unter die Räder. Der europäische Branchenindex brach um mehr als 16 Prozent ein, so starke wie nie zuvor. Die in London notierten Titel von TUI stürzten sogar um 40 Prozent auf ein Fünf-Jahres-Tief von 218 Pence (2,45 Euro) ab. Der Reisekonzern mit Sitz in Hannover beantragte wegen wegbrechender Buchungen Staatshilfe. Die Aktien von Lufthansa, Air France-KLM und die British Airways-Mutter IAG sowie den Billig-Fliegern Ryanair und EasyJet fielen um bis zu 30 Prozent. Die deutsche Regierung will gegen Mittag mit Branchenvertretern die Lage der Luftfahrtindustrie in Zeiten von Corona erörtern.

Auch Finanzwerte wurden aus den Depots der Anleger geworfen. Der europäische Bankenindex notierte so niedrig wie zuletzt vor 32 Jahren. Die Geldhäuser leiden unter der Aussicht auf langfristig niedrige Zinsen, die die Margen im klassischen Kreditgeschäft belasten.

Gefragt waren dagegen die Titel von Drägerwerk, die um gut 28 Prozent nach oben schossen. Am Freitag hatte die Bundesregierung 10.000 Beatmungsgeräte bei der Medizintechnik-Firma bestellt. Auch andere Länder reißen sich um solche Apparate, die zur Behandlung von Coronavirus-Patienten benötigt werden.

(APA/Reuters)

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