Kolumne

Killt Corona meinen Traumjob?

Trotzdem Abheben zum Traumjob
Trotzdem Abheben zum Traumjob(c) Getty Images (pinstock)
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Auf zum Traumjob. Folge 15. Zahlt es sich noch aus, sich zu bemühen?

Soll ich mich überhaupt noch bewerben? - Meine Motivation ist durch die Krise am Boden. –  Ich habe die Hoffnung total verloren.
D
as sind nur einige der Gedankensplitter mit denen mich meine New Placement-Kunden derzeit in den Beratungen konfrontieren.

Und verständlicherweise werden Bewerbungsinitiativen und Jobwechselphantasien in Krisenzeiten naturgemäß erst mal hintangestellt. Die Realisten werden jetzt wahrscheinlich dazu raten den nächstbesten Job anzunehmen bzw. hoffentlich die Krise im aktuellen Job zu überstehen.

Moralisten würden darüber hinaus wahrscheinlich sogar mit Empörung reagieren wenn Sie in der aktuellen Situation damit beginnen, laut über Ihren zukünftigen Traumjob nachzudenken. Aber sind unsere Traumjobs jetzt tatsächlich verloren oder ist es gar Blasphemie darüber nachzudenken? Mal sehen.

Die Krisensituation annehmen

Eine Krisensituation schön zu reden oder gar zu verleugnen ist meines Erachtens das Letzte was aktuell weiterhilft. Teilweise ist es sogar gefährlich, wenn wir uns das Verhalten einiger Personen anschauen. Ein systemisches Grundprinzip lautet: „Verzicht auf Leugnung“ oder mit anderen Worten: „Anerkennen was ist.“

Und ja, ob wir nun wollen oder nicht, unser Gesundheitssystem steckt weltweit aktuell in einer unvorstellbaren Krise und das Ganze zieht sehr weite Kreise. Die Auswirkungen sind zum jetzigen Zeitpunkt von niemandem völlig abzusehen. Ängste und Unsicherheit gehören zur jetzigen Situation dazu und dürfen auch sein.

Es fällt nicht leicht das zu verinnerlichen, aber es ist ganz wichtig, um in weiterer Folge auch angemessen auf die Situation zu reagieren. Aber aufpassen – Erleichterung lässt sich nicht erzwingen, sondern stellt sich nach einer gewissen Zeit wie von Zauberhand ganz von selbst ein. Das dauert beim Einen ein paar Tage und beim Anderen vielleicht etwas länger. Geben Sie sich selbst und anderen die Zeit die dafür benötigt wird.

Eine Risikoeinschätzung vornehmen

Was sich jetzt schon mit Sicherheit sagen lässt ist, dass es Wirtschaftszweige geben wird, die besonders hart betroffen sein werden, andere wird es weniger betreffen und wiederum andere werden von der Situation profitieren und haben händeringend damit begonnen neuen Mitarbeiter zu suchen.

Recruitingprozesse laufen also weiter, möglicherweise in anderer Form, und werden sogar teilweise intensiviert werden. Recruiter arbeiten ebenfalls remote und Interviews werden in nächster Zeit zum Großteil auch via Telefon durchgeführt werden. Ergo lohnt es sich auch in der jetzigen Situation, am Ball zu bleiben.

Davor gilt es aber in jedem Fall einzuschätzen, wie stark die eigene Zielbranche davon betroffen sein wird. Das lässt sich auch dadurch überprüfen inwieweit beispielsweise Inserate weiterhin geschalten werden oder nicht. Und ja, in einigen Branchen wird es wohl einen totalen Aufnahmestopp für die nächste Zeit geben.

Bewerbungsaktivitäten machen dort jetzt wenig bis keinen Sinn mehr, weil die Unternehmen mit ganz anderen Dingen beschäftigt sind. Wann sich die Situation entspannen wird ist schwer vorhersehbar, aber möglicherweise sind Ihre Kompetenzen gerade jetzt auch anderswo gefragt. Oder Sie beginnen parallel dazu über eine berufliche Neuausrichtung nachzudenken. Das ist leichter geschrieben als getan und es ist nur möglich wenn Sie handlungsfähig bleiben oder wieder werden.

Die Initiative wiederfinden

Das geht nur, wenn es Ihnen gelingt die eigenen Ängste zu reduzieren und Ihre Ressourcen wieder wahrzunehmen. Folgende Übung, neben anderen, weil es gibt ja mittlerweile unzählige Achtsamkeitsübungen, empfehle ich meinen New Placement-Kunden abends vor dem Schlafengehen und zwar:

Nehmen Sie eine angenehme Sitz- oder Liegeposition ein und gehen Sie in Ihrer Erinnerung zurück bis in Ihre Jugendzeit. Versuchen Sie nachzuspüren wie Sie sich bei Ihren ersten Erfolgen gefühlt haben oder auch in Ihrer ersten Verliebtheit oder Ihrem Liebeskummer. Erinnern Sie sich bewusst an Erfolge und Misserfolge im Laufe Ihres Erwachsenwerdens (Schulzeit, Studium, Alltagsleben) und beantworten Sie dabei folgende Fragen:

  1. Wie sind Sie in der Vergangenheit mit Krisensituationen umgegangen? Welche Kompetenzen haben Ihnen dabei geholfen vergangene Krisen zu meistern?
  2. Was haben Sie von anderen im Laufe Ihres Lebens gelernt, wie sie mit schwierigen Situationen umgehen?
  3. Welche Ressourcen sind in den Jahren noch hinzugekommen? Welche Helfer stehen Ihnen in der jetzigen Situation zur Verfügung?

Sammeln Sie in den nächsten Wochen so viele Geschichten wie nur möglich und halten Sie sich diese schriftlich fest. Manche New Placement-Kunden legen sich dazu ein eigenes Tagebuch an, indem sie dann ab und zu nachblättern können.

Im nächsten Schritt ist es genauso wichtig sich eine adaptierte Tagesstruktur aufzubauen. Mit Sicherheit haben sich für viele die Rahmenbedingungen (Homeoffice, Betreuungsverpflichtungen etc. ) massiv geändert. Deshalb ist auch die eigene Struktur zu adaptieren. Vielleicht schaffen Sie jetzt aktuell nicht dieselbe Anzahl an Bewerbungen wie unter „normalen“ Umständen.

Seien Sie bitte großzügig mit sich selbst. Auch die Belohnungen, die sie für sich einplanen, werden sie höchstwahrscheinlich an die jetzige Situation anpassen müssen. Hier ist die notwendige Kreativität gefragt. Was spricht schon gegen ein Online-Kaffeetrinken mit Freunden oder das Work-out einmal in die eigenen vier Wände zu verlagern.

Alles was Ihnen dabei hilft sich selbst zu stärken ist gerade jetzt enorm wichtig. Und last but not least hilft uns natürlich der Humor dabei eine Krise durchzustehen. Der kommt zwar nicht auf Befehl wie so manche Quarantäne-Maßnahme, aber ab und an stellt er sich dann doch ganz von selbst ein.

Bleiben Sie gesund und gutes Gelingen!

Michael Hanschitz

Michael Hanschitz
Michael Hanschitz(c) Marek Knopp

Michael Hanschitz ist seit nunmehr 15 Jahren als New/Outplacementberater, Autor und Karrierecoach tätig. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens Outplacementberatung (www.outplacementberatung.co.at) und Autor des Buches Menschen fair behandeln. Mit seiner Arbeit unterstützt er Menschen und Organisationen in schwierigen Veränderungsprozessen. Beraten mit Herz und Verstand lautet seine Devise.

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