Pandemie

Die heimische Wissenschaft im Einsatz gegen die Coronakrise

Universität Innsbruck entwickelt neuartiges Corona-Testverfahren.
Universität Innsbruck entwickelt neuartiges Corona-Testverfahren.Sinsoma GmbH
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Simple Sauerstoffgeräte, neue Testverfahren, computergestützte Wirkstoff-Screenings und ein vielversprechendes Medikament – an vielen österreichischen Forschungsstätten wird derzeit an der Eindämmung der Coronapandemie sowie der Abfederung ihrer Folgen gearbeitet.

22 Millionen Euro – diese Summe stellt die Regierung für die Forschung im Coronakampf nach einer ersten Emergency-Ausschreibung Anfang März nun zur Verfügung. Finanziert werden sollen damit vor allem klinische Studien zur Erprobung von Medikamenten und Wirkstoffen gegen die Covid-19-Erkrankung und Forschungsprojekte, um Spitäler keimfrei zu halten. Mit der Abwicklung ist die Forschungsförderungsgesellschaft FFG betraut. Schon jetzt lässt Österreichs Wissenschaft auf unterschiedlichen Ebenen mit spannenden Projekten und Ansätzen zur Eindämmung der Pandemie aufhorchen – zum Beispiel mit dem Medikament APN01 für die Behandlung von akutem Lungenversagen.

Mit dieser Folge der Covid-19-Erkrankung beschäftigt man sich auch an der TU Wien. Hier wurde ein Sauerstoffgerät entwickelt, das auf einfachen Komponenten beruht und in wenigen Tagen fertiggestellt werden könnte. Damit soll der begrenzten Zahl an Beatmungsgeräten in Intensivstationen begegnet werden. Die Luft kommt bei diesem Gerät von einem handelsüblichen Kompressor und wird mit einer speziellen Membran mit Sauerstoff angereichert.

Lexikon

APN01 ist ein Enzym-Biotherapeutikum, das vom Genetiker Josef Penninger infolge der Sars-Pandemie mitentwickelt wurde. Am Donnerstag gaben die Behörden in Österreich, Deutschland und Dänemark „seiner“ Apeiron Biologics AG grünes Licht für eine klinische Phase-II-Studie (Überprüfung des Therapiekonzepts, Dosisfindung) mit 200 Covid-19-Patienten. Das Mittel soll das Potenzial haben, die Infektion von Zellen durch das neuartige Virus zu blockieren und Lungenschäden zu reduzieren.

Neue Testverfahren

Zwei andere österreichische Projekte beschäftigen sich mit Corona-Testverfahren. Aktuell werden hierzulande PCR-Tests (Polymerase-Kettenreaktion) durchgeführt, bei denen in vitro nach dem Erbgut von Sars-CoV-2 gesucht wird. Das ist die sicherste Methode, um eine akute Erkrankung festzustellen. „Der PCR-Test sagt jedoch nichts darüber aus, ob jemand die Erkrankung bereits durchgemacht hat und immun ist“, so Reingard Grabherr von der Boku Wien. Nur ein Antikörpertest würde Aufschluss über die Dunkelziffer geben. Deshalb haben österreichische Universitäten unter der Leitung der Boku und der Vet-Med-Uni – unterstützt vom IMP (Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie) – mit der Herstellung der notwendigen Komponenten dafür gestartet. Es soll ein neuer, in den USA vom Virologen Florian Krammer (einem Boku-Absolventen) entwickelter Antikörpertest etabliert werden.

An der Universität Innsbruck wurden währenddessen gemeinsam mit der Sinsoma GmbH mehrere erfolgreiche Machbarkeitstests für ein neues PCR-Verfahren durchgeführt. Dieses arbeitet mit anderen Analysestoffen, die einfacher zu beschaffen sind und Tests im Hochdurchsatzverfahren erleichtern. Der Ansatz bedient sich der Koppelung von hochsensitiver Endpunkt-PCR und Kapillarelektrophorese im Gegensatz zu herkömmlichen Real-Time-PCR-Protokollen, um genetische Spuren des Virus in Proben aufzuspüren.

An der Uni Linz wird ebenso mit Hochdruck zum Thema Corona geforscht: Hier haben Wissenschaftler eine künstliche Intelligenz programmiert, die bei der Suche nach Wirkstoffen hilft. Das System hat bereits 30.000 vielversprechende Moleküle identifiziert. Für das weltweit größte computerbasierte Wirkstoff-Screening-Vorhaben kooperieren derzeit die Harvard University, das Biotech-Start-up Innophore, die Uni Graz und das Acib (Austrian Centre of Industrial Biotechnology). Dabei sollen computerbasiert zwei Milliarden potenzielle Wirkstoffe gescreent werden. Das US-Unternehmen Alphabet gab für das Projekt unlimitierte Rechenleistung frei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2020)

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