Medienhilfspaket nach Kritik abgeändert

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Am ersten Entwurf des Hilfspakets gab es Kritik, weil es Boulevard- und Gratiszeitungen bevorzugte. Nun wird auch der Vertrieb gefördert, aber auch hier ist die Auflage entscheidend.

An dem ersten Entwurf für ein Medienhilfspaket für Zeitungen, die durch den Ausfall an Anzeigen derzeit herbe Einbußen erleiden, gab es Kritik. Nun hat die Regierung nachgebessert, aber eines bleibt gleich: Den größten Brocken des Hilfspakets wird die „Kronen Zeitung“ bekommen, danach kommen die überwiegend gratis verteilte Boulevardzeitung „oe24“ und die Gratiszeitung „Heute“.

Im ersten Entwurf war für den Printbereich nur eine Sonderförderung für Tageszeitungen geplant, und zwar auf Basis der Druckauflage vor. Der aktuelle Entwurf, der am Freitag im Nationalrat beschlossen werden soll, sieht nun vor, dass auch die Vertriebsförderung von Tages- und Wochenzeitungen einmalig erhört werden soll. ÖVP und Grüne kündigten einen entsprechenden Abänderungsantrag an. Die Vertriebsförderung gilt nur für Kauf-, nicht für Gratiszeitungen. Davon profitieren „oe24" und „Heute“ sowie die „Krone“, deren Abendausgabe teils vor den U-Bahn-Stationen gratis verteilt wurde, nun weniger als im ursprünglichen Entwurf.

5,2 Millionen für Tageszeitungen

Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise auf etablierte Printmedien abzufedern, wird die Vertriebsförderung im Rahmen der Presseförderung für Tages- und Wochenzeitungen nun also einmalig erhöht, heißt es in dem Abänderungsantrag - nämlich auf das 2,5-fache des bisherigen Betrags, sagte die grüne Mediensprecherin Eva Blimlinger. Für Tageszeitungen soll es 5,2 Millionen Euro geben, für Wochenzeitungen 4,5 Millionen Euro. Die Mittel sollen basierend auf den bestehenden Kriterien "zeitnah ausbezahlt" werden, hieß es aus dem Bundeskanzleramt.

Außerdem werden Medieninhaber von Tageszeitungen mit einem einmaligen Betrag von 3,25 Euro pro Exemplar der durchschnittlichen Druckauflage finanziell unterstützt. Im ursprünglichen Entwurf waren 4 Euro pro Exemplar vorgesehen gewesen.

"Wir versuchen mit diesen Maßnahmen - Zusatzfinanzierung der Auflage und Vertriebsförderung für Tages- und Wochenzeitung - den Printsektor abzusichern. Gerade jetzt ist es wichtig, journalistische Arbeit zu unterstützen und zu fördern, um Information und kritische Debatten und Diskurse sicher zu stellen", hieß es in einer Stellungnahme Blimlingers.

Reine Online-Medien wurden in dem Hilfspaket übrigens nicht berücksichtigt.

Kritik: Qualität wird zu wenig berücksichtigt

Der Presseclub Concordia, die Journalistengewerkschaft und Reporter ohne Grenzen üben Kritik an den Förderkriterien. Die Qualität des Journalismus, nicht Auflage und Vertriebsweg sollten die zentralen Faktoren für die Berechnung der staatlichen Unterstützung sein, forderte etwa die Concordia.

"Eine Förderung, die rein auf den Vertrieb von totem Holz abstellt, geht an den Nutzungsmodalitäten des Publikums vorbei", sagte Medienwissenschaftler und Concordia-Vorstandsmitglied Matthias Karmasin in einer Online-Pressekonferenz des Presseclubs. Nicht Quantitäts-, sondern Qualitätskriterien sollten bei der Förderung eine Rolle spielen.

Er schlug vor, dass die Anzahl des Personals, das nach dem Journalisten-Kollektivvertrag angestellt ist, und die Beteiligung an einer Institution der Selbstkontrolle, wie zum Beispiel dem Presserat, eine Rolle spielen sollten. Außerdem müsse der digitale Journalismus berücksichtigt werden.

Auch von Medienseite selbst gibt es kritische Stimmen. "Der Standard"-Chefredakteur Martin Kotynek nannte das Vorhaben in einem Kommentar "Boulevard-Belohnungsgesetz". Was hier geplant ist, "würde Boulevardmedien das Überleben sichern, während kritischer Qualitätsjournalismus bedroht ist, von der Krise in die Knie gezwungen zu werden", so Kotynek.

"Hoch erfreut über die Initiative der Regierung" zeigte sich zwar die Betriebsratsvorsitzende der "Kleinen Zeitung", Ute Groß, allerdings hält auch sie die Umsetzung "für nicht durchdacht". Auch Groß sprach sich dafür aus, eine Unterscheidung zwischen Kauf- und Gratismedien vorzunehmen.

"Massive Wettbewerbsverzerrung"

Die Journalistengewerkschaft in der GPA-djp begrüßt zwar das Hilfspaket, sieht in den geplanten Förderungsrichtlinien aber eine "massive Wettbewerbsverzerrung". "Es liegt in der Natur der Sache, dass Gratiszeitungen deutlich höhere Auflagen drucken können, weil sie nicht dem Verkaufszwang unterliegen", argumentierte Vorsitzender Eike-Clemens Kullmann in einer Aussendung.

Auch die Organisation Reporter ohne Grenzen kritisiert die Kriterien, nach denen die Sonderförderungen vergeben werden sollen. "Nicht Auflagezahlen bzw. Einschaltquoten dürfen für Medienförderungen maßgeblich sein, sondern die inhaltliche Qualität der Medien", forderte Präsidentin Rubina Möhring in einer Aussendung.

Die Neos halten die Einmalzahlung an österreichische Tageszeitungen bemessen an deren Druckauflage ebenfalls nicht für gerechtfertigt. Die jetzt noch "hastig nachgereichte Ankündigung einer Vertriebsförderung" sei zwar sinnvoll, mache die Einmalzahlungen aber nicht besser, sagte Mediensprecherin Henrike Brandstötter. SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda betonte zwar, dass es notwendig sei, Medien in der derzeitigen Situation unter die Arme zu greifen, allerdings hält er die Umsetzung für die Printmedien ebenfalls nicht für gelungen. Er begrüßte aber die Fördermaßnahmen für den nichtkommerziellen Rundfunk.

Wie geplant werden auch der Privatrundfunkfonds einmalig um 15 Millionen Euro aufgestockt und der nichtkommerzielle Rundfunkfonds einmalig um zwei Millionen Euro erhöht.

Der Kanzlerbeauftragte für Medienthemen, Gerald Fleischmann (ÖVP), betonte, dass die Regierung hoffe, dass der Beitrag bei der Bewältigung der Krise hilft. "Die Regierungsspitze sieht die heimischen Medien als systemrelevant für die Demokratie, quasi wie die Justiz oder die Lebensmittelversorgung. Daher hat sie sich zu dieser Sonderförderung entschlossen", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme.

(APA/her)

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