Fußgänger

Begegnungs­zonen gegen den Lagerkoller

Wien führt temporäre Begegnungszonen ein, damit die Bevölkerung im dicht verbauten Gebiet spazieren gehen kann.
Wien führt temporäre Begegnungszonen ein, damit die Bevölkerung im dicht verbauten Gebiet spazieren gehen kann.(c) Getty Images (Richard Newstead)
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Damit sich die Wiener mehr bewegen können, kommen temporäre Begegnungszonen. Die ersten sind schon am Wochenende freigegeben.

Wien. Am Ende bekam jeder der beiden Wiener Koalitionspartner was er wollte. Zumindest grundsätzlich. Bürgermeister Michael Ludwig darf sich über die vehement geforderte Öffnung der Bundesgärten freuen, seine grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein über die Umwandlung einiger Straßen zu temporären Begegnungszonen. „Denn es gibt auch Menschen, die in ihrer unmittelbaren Umgebung keinen Park zur Verfügung haben und keinen Garten. Diese Menschen brauchen Platz, um auch einmal Luft zu schnappen“, erklärte Hebein am Donnerstag. Wobei die ersten vier Begegnungszonen bereits an diesem Wochenende in Betrieb gehen. Was diese Regelung bedeutet:

Keine Straßensperren

Die Grünen hatten ursprünglich eine „Öffnung von Straßen“ angekündigt. Also Straßensperren für den Autoverkehr, damit sich die Bevölkerung dort die Füße vertreten kann. Dabei hätte auch der Ring gesperrt werden sollen. Die SPÖ stellte sich dagegen und befürchtete Probleme bei Rettungsfahrten. Als Kompromiss kommen nun temporäre Begegnungszonen auf Nebenstraßen.

Die Begegnungszonen

Ab dem Osterwochenende werden vier Straßen teils in diese temporären Begegnungszonen umgewandelt. Im dritten Bezirk ist es die Rechte Bahngasse. In der Josefstadt die Florianigasse. In Ottakring die Hasnerstraße, und in Währing die Schopenhauerstraße. Dazu kommen in der nächsten Woche der Straßenzug Alliiertenstraße-Pazmanitengasse (Leopoldstadt), in Wieden bzw. Margareten Kettenbrückengasse, Große Neugasse und die Schaumburgergasse. In Neubau sind es die Kandlgasse und die Hermanngasse. In Favoriten wird zum einen die Fernkorngasse teilweise eine Begegnungszone – ebenso wie die Rotenhofgasse von der Triester Straße bis Zur Spinnerin und von der Sonnleithnergasse bis zum Reumannplatz sowie auch die Buchengasse von Herndlgasse bis Schrankenberggasse. Das Merkmal einer Begegnungszone ist, dass dort Fußgänger die Fahrbahn benützten dürfen. Dabei sind sie mit Autofahrern und Radfahrern gleichberechtigt. In einer Zone darf maximal mit 20 km/h gefahren werden, markieren sollen sie Schilder.

Die Forscher

TU-Raumplanungsexperten haben Wien bezüglich Altersstruktur und Gehsteige analysiert. Ergebnis: In fast allen Bezirken gebe es kritische Punkte, an denen schmale Gehsteige auf einen hohen Anteil der Risikogruppe 65+ treffen.

Die zufriedenen Bezirkschefs

Die Begegnungszonen wurden im Einvernehmen mit den jeweiligen Bezirkschefs verordnet, die diese Regelung durchaus begrüßen. So erklärte beispielsweise die Josefstädter Bezirksvorsteherin Veronika Mickel der „Presse“: „Es ist eine gute Lösung, weil es im innerstädtischen Bereich nicht leicht möglich ist, Abstand zu halten.“ Mit dieser Lösung gebe es mehr Raum für Fußgänger, eine Querung der Straße samt Zufahrt zu Garagen sei dabei auch möglich. Und bei der Florianigasse hätte es sowieso schon vor Corona Diskussion über eine Begegnungszone gegeben, ließ die Bezirksvorsteherin Sympathien für eine mögliche dauerhafte Lösung in der Florianigasse erkennen.

Die Demütigung

Bürgermeister Ludwig schoss sich bei der Präsentation der Maßnahmen, an der Seite seiner grünen Vizebürgermeisterin, auf die türkis-grüne Bundesregierung ein. Dass man die Bundesgärten erst nach den Feiertagen öffne (am 14. April, Anm.), und damit den Druck auf die verbleibenden Flächen erhöhe, „empfinde ich als Demütigung den Wienern gegenüber“, erklärte der Stadtchef wörtlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2020)

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