Nach ihrem Treffen mit einem verdeckt arbeitenden FBI-Beamten im Juni wurde die russische Agentin Anna Chapman misstrauisch. Sie rief ihren Vater in Russland an. Das FBI hörte mit und handelte deshalb.
Der Anruf einer mutmaßlichen Spionin bei ihrem Vater in Moskau hat einem Medienbericht zufolge die US-Behörden dazu gebracht, den russischen Spionagering in den Vereinigten Staaten auszuheben. Wie die "Washington Post" am Sonntagabend unter Berufung auf nicht namentlich genannte Polizei- und Geheimdienstmitarbeiter berichtete, hatte die Agentin Anna Chapman ihren Vater, nach einem Treffen mit einem verdeckt arbeitenden Agenten der US-Bundespolizei FBI im Juni angerufen. Das Treffen hatte bei Chapman offenbar Misstrauen erweckt. Chapmans Vater ist Mitarbeiter des russischen Außenministeriums und Veteranen des früheren sowjetischen Geheimdienstes KGB
FBI befürchtete Flucht
Das FBI, das den Anruf dem Bericht zufolge mithörte, befürchtete, der russische Auslandsgeheimdienst SWR könne seine Agenten auffordern, aus den USA zu fliehen. Das FBI habe geplant, Chapman und den mutmaßlichen Agenten Michail Semenow über Informanten zu Taten zu verführen, die eine Anklage nicht nur wegen geheimen Informationsaustauschs mit russischen Diplomaten ermöglichen würden. Die US-Ermittler entschlossen sich der "Washington Post" zufolge zudem zur Festnahme der zehn mutmaßlichen Agenten, weil einer von ihnen, Richard Murphy, eine Reise zum SWR-Hauptquartier in Moskau antreten sollte. Das FBI befürchtete, nach Chapmans Anruf könnte der SWR Murphy nicht wieder in die USA zurückreisen lassen.
Die US-Ermittler hatten die Agenten vor der Festnahme bereits jahrelang im Visier. Es war darüber gerätselt worden, warum die Ermittler ausgerechnet Ende Juni zuschlugen.
Der russische Spionagering, der seit den Neunzigern für den Kreml in den USA spioniert haben soll, war Ende Juni aufgedeckt worden. Im Zuge des ersten Agentenaustausches zwischen den USA und Russland seit dem Ende des Kalten Krieges wurden die Agenten am Freitag auf dem Flughafen Wien-Schwechat gegen vier wegen "Kontakten mit westlichen Geheimdiensten" verurteilte Häftlinge ausgetauscht.
(APA/AFP/AP)