Das für Sonntag geplante Votum wird verschoben.
Warschau. Jarosław Kaczyński hat nachgeben und damit seine rechtspopulistische PiS-Regierung gerettet: Im Streit mit der Fraktion seines Ex-Vize-Premiers Jarosław Gowin zog Polens starker Mann den Kürzeren und musste die von ihm für diesen Sonntag gewünschten Präsidentenwahlen in der letzten Minute verschieben. Die beiden rechten Spitzenpolitiker wollen nun wegen der Pandemie zu einem späteren Zeitpunkt „eine besser organisierte, transparente und demokratische“ Briefwahl abhalten.
Dabei greifen sie tief in die juristische Trickkiste: Die Einigung gelang dank der Verabschiedung des umstrittenen Briefwahlgesetzes im Sejm. Das gesamte Regierungslager von Recht und Gerechtigkeit (PiS) und die 18 Abgeordneten von Gowins Fraktion unterstützten gestern das Gesetz. Das Votum zeigt, dass Kaczyński noch eine Mehrheit hinter sich hat. Pläne der Opposition zerschlugen sich damit: Sie hatten gehofft, Gowin könnte Premier einer Oppositionskoalition werden.
12. Juli neuer Termin?
Unklar bleibt, wann es nun zu Präsidentenwahlen kommt. Laut der Übereinkunft soll das Oberste Gericht die Wahlen vom 10. Mai für ungültig erklären. Dieses Urteil gilt als Voraussetzung für einen neuen Wahltermin. Sejm-Vorsitzende Elżbieta Witek (PiS), eine treue Kaczyński-Anhängerin, muss spätestens 60 Tage nach dem Urteil Neuwahlen ansetzen. Spekuliert wird über den 12. Juli. Bis dann dürften die hohen Umfragewerte von Amtsinhaber Andrzej Duda (PiS) wegen immer gravierenderer – auch wirtschaftlicher – Corona-Folgen sinken. Und immerhin wird die Opposition eine Art Wahlkampf führen können – wenn auch mit Social Distancing.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2020)