Nach Kontroversen soll die Wahl nicht vor Juni stattfinden. Trotz Kritik soll nun doch eine Briefwahl abgehalten werden. Die Opposition begrüßt die Entscheidung zur Verschiebung der Präsidentschaftswahl.
Nach massiven Protesten wird die für Sonntag geplante Präsidentschaftswahl in Polen verschoben. Dies teilten die Regierungsparteien auf dem Twitter-Konto der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) mit. Die PiS hatte die Wahl trotz der Corona-Pandemie bisher unbedingt am Sonntag abhalten wollen. Deshalb schlug sie eine reine Briefwahl vor, was heftige Proteste auslöste.
Zur Begründung für die Verschiebung gaben PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski und sein Juniorpartner Jaroslaw Gowin unter anderem an, dass die Wahl vermutlich vom Obersten Gericht annulliert worden wäre. Es solle nun "so bald wie möglich" ein neuer Termin für den Urnengang festgelegt werden: Die Wahl soll jedenfalls nicht vor Juni stattfinden.
Was die Briefwahl betrifft, hat sich das Parlament nach der Einigung auf eine Verschiebung für eine Änderung des Wahlrechts gestimmt. Die Novelle der PiS sieht vor, die Wahl des Staatsoberhaupts wegen der Coronavirus-Epidemie als reine Briefwahl abzuhalten. Zuvor war eine Reihe von Abgeordneten gegen die Briefwahl, sie gaben nun ihren Widerstand auf: Die Abgeordneten hatten zunächst vorgeschlagen, die Wahl um zwei Jahre zu verschieben und bis dahin die Amtszeit von Präsident Andrzej Duda zu verlängern. Kaczynski lehnte dies ab.
Gegen die reine Briefwahl hatten unter anderem mehrere ehemalige Staats- und Regierungschefs des Landes protestiert und argumentiert, dass das Vorhaben der PiS gegen die Verfassung verstoße. Sie sprachen in einer Erklärung von einer "Pseudo-Wahl". Die Wahl wäre "weder allgemein noch fair", kritisierten die Unterzeichner, zu denen unter anderem die Ex-Präsidenten Lech Walesa, Aleksander Kwasniewski und Bronislaw Komorowski zählten.
Das Festhalten am Wahltermin am Sonntag hätte nach Ansicht von Experten die Chancen von Präsident Andrzej Duda auf eine Wiederwahl erhöht. Grund ist unter anderem, dass die Opposition wegen des Versammlungsverbots keinen Wahlkampf machen kann. Davon profitiert der Amtsinhaber, der wiederum selbst mit Ansprachen zum Kampf gegen das Coronavirus regelmäßig in den Medien präsent ist. Duda ist eng mit PiS-Chef Kaczynski verbündet.
Opposition erfreut
Die polnische Opposition hat positiv auf eine Einigung im Regierungslager reagiert. "Das ist eine gute Nachricht, dass die Wahl nicht am 10. Mai und wahrscheinlich gar nicht im Mai stattfinden wird", sagte Jan Grabiec, Sprecher des größten Oppositionsbündnisses Bürgerkoalition (KO), am Donnerstag.
Seine Partei habe seit Langem gefordert, die Wahl wegen der Coronavirus-Epidemie zu verlegen, so Grabiec. Auch der Präsidentschaftskandidat der konservativen Bauernpartei (PSL), Wladyslaw Kosiniak-Kamysz, begrüßte die Entscheidung. Die nationalkonservative Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) habe ihren Fehler eingesehen und bekannt, dass sie nicht in der Lage sei, die Wahl abzuhalten.
(APA/AFP)