Coronavirus

Schwedens Staatsepidemiologe würde heute anders handeln

Anders Tegnell bei einem Interview nach einer der vielen Coronavirus-Pressekonferenzen Ende Mai.
Anders Tegnell bei einem Interview nach einer der vielen Coronavirus-Pressekonferenzen Ende Mai.APA/AFP/JONATHAN NACKSTRAND
  • Drucken

Schweden hätte mehr Maßnahmen ergreifen sollen, ist Schwedens Staatsepidemiologe Anders Tegnell ungewohnt selbstkritisch. Mit dem Wissen von heute hätte er einen Mittelweg gewählt.

Sind zu viele Schweden zu früh gestorben? Staatsepidemiologe Anders Tegnell hat sich erstmals selbstkritisch über den schwedischen Sonderweg in der Corona-Krise gezeigt. Ja, zu viele Schweden seien verstorben. Man hätte schon von Beginn an mehr Maßnahmen ergreifen sollen, sagte er in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit dem schwedischen Radio.

"Ich glaube, dass es sicherlich Verbesserungspotenzial bei dem gibt, was wir in Schweden gemacht haben, klar. Und es wäre gut gewesen, wenn man exakter gewusst hätte, was man schließen soll, um die Infektionsausbreitung besser zu verhindern."

Der goldene Mittelweg

Würde man mit dem heutigen Wissensstand auf dieselbe Erkrankung stoßen, läge der richtige Weg seiner Ansicht nach zwischen dem schwedischen und dem, den der Rest der Welt eingeschlagen habe, sagte Tegnell. Welche Vorkehrungen in anderen Ländern den größten Effekt gegen die Coronavirus-Pandemie gezeigt hätten, könne man jedoch nur schwer sagen, da diese Staaten viele Maßnahmen gleichzeitig ergriffen hätten.

Tegnell steht federführend hinter der schwedischen Strategie gegen die Pandemie. Das skandinavische EU-Land hatte deutlich freizügigere Maßnahmen ergriffen als der Rest Europas. Schulen, Restaurants oder Geschäfte wurden beispielsweise niemals geschlossen, das Versammlungsverbot liegt bei maximal 50 Teilnehmern, ein Einreiseverbot gilt lediglich für Menschen außerhalb der EU und der Europäischen Freihandelszone.

Viele im Land hießen den eingeschlagenen Weg gut, nach und nach mehrte sich jedoch auch die Kritik - vor allem, weil die Infektions- und Todeszahlen pro Einwohner in Schweden im Vergleich zum restlichen Skandinavien weiter hoch sind. Bisher sind in dem Land mit seinen etwas mehr als zehn Millionen Einwohnern knapp 4500 Menschen mit Corona-Infektion gestorben, es gab bisher rund 39.000 positive Corona-Fälle. Pro Million Einwohner gab es 443 Todesfälle. In dieser Statistik liegt Schweden auf dem fünften Platz: hinter Belgien, Spanien, Großbritannien und Italien.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.