Die Grünen sind nach einer Aussprache mit der Verteidigungsministerin nicht mehr so irritiert wie zuvor, SPÖ, Neos und
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) muss weiter mit Kritik von fast allen Seiten an ihren Bundesheer-Reformplänen kämpfen. Die Opposition warf ihr einmal mehr einen geplanten Verfassungsbruch vor. Immerhin konnte die Ministerin offenbar die "Irritation" des grünen Koalitionspartners bei einer "guten Aussprache" am Freitag ausräumen.
Er habe wissen wollen, welche Pläne Tanner habe, "die mir noch nicht bekannt waren", meinte Grünen-Wehrsprecher David Stögmüller nach dem Treffen. Als Koalitionspartner wäre er gerne informiert gewesen, schließlich wolle er die Ministerin ja bei der Umsetzung im Sinne des Regierungsprogramms unterstützen. Essenziell sei für ihn, dass der Generalstab und die gesamte Mannschaft, aber auch das Parlament eingebunden werden.
Tanners Kabinett hatte bei einem Hintergrundgespräch Pläne auf eine weitgehende Reduktion der militärischen Landesverteidigung bekannt gegeben - die Ministerin musste daraufhin zum Rapport beim Bundespräsidenten und ruderte insofern zurück, als sie die Reformideen nur noch als "Startschuss für einen Prozess zur Weiterentwicklung des Bundesheeres" verstanden wissen wollte. Die militärische Landesverteidigung bleibe "das Wichtigste" und Kernaufgabe des Heeres, Kasernenschließungen stünden "selbstverständlich nicht" am Plan.
„Sorge um unsere Heimat"
Die Opposition schenkt den Beruhigungen der Ministerin keinen Glauben. Man sei "in Sorge um unsere Heimat", betonte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch warf der Ministerin einen geplanten Verfassungsbruch vor und forderte eine Erklärung in der Nationalratssitzung kommenden Dienstag. NEOS-Wehrsprecher Douglas Hoyos findet überhaupt, die Ministerin sollte sich "wirklich überlegen, ob sie am richtigen Sessel sitzt".
Gemeinsam schickten die drei Oppositionsparteien Freitagvormittag auch ein Schreiben an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), in dem sie die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates verlangten. Im Kanzleramt war man freilich schon davor dabei, einen Termin für die Sitzung zu fixieren, weil die ÖVP das vertrauliche Gremium selbst einberufen wollte.
Auch abseits der Opposition prasselte am Freitag weiterhin eine Menge Kritik auf die Verteidigungsministerin ein: "Chance vertan und Vertrauen gebrochen", urteilte die Unteroffiziersgesellschaft. Der Präsident der Offiziersgesellschaft Erich Cibulka kritisierte wiederum, dass die Aufgaben des Bundesheeres dem Budget angepasst werden und nicht umgekehrt.
Keine Auslandseinsätze mehr?
Mit einer eindringlichen Warnung vor der Zerstörung des Bundesheeres meldete sich auch Ex-Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) zu Wort: Er warf der ÖVP vor, sich "außerhalb des Verfassungsbogens" zu bewegen. Die ÖVP-Heerespläne würden der Neutralität widersprechen und die Landesverteidigung zur Unkenntlichkeit aushöhlen. "Der massive Personalabbau, die Auflösung großer Verbände bei der Truppe, die planmäßige Vernichtung langfristig aufgebauter Kompetenzen degradiert das Bundesheer zum technischen Hilfswerk." Eine Ausrichtung des Bundesheers nur auf Inlandsaufgaben wie Katastrophenhilfe und Cyber-Defence würde dem Militär auch die Fähigkeit nehmen, sich an Auslandseinsätzen zu beteiligen, warnte der Politologe Jan Pospisil, Forschungsdirektor des Österreichischen Studienzentrums für Frieden und Konfliktlösung.
Eine "unnötige Panikmache" ortete hingegen ÖVP-Wehrsprecher Michael Hammer und forderte vor allem die Vertreter der Opposition dazu auf, "zu einer sachlichen Diskussion zurückzukehren".
(APA)