Tschetschenen in Österreich

Gerasdorf-Mord: Opfer war Kadyrow-Kritiker

NIEDEROeSTERREICH: MORDALARM IN GERASDORF - MANN MIT KOPFSCHUSS GETOeTET
NIEDEROeSTERREICH: MORDALARM IN GERASDORF - MANN MIT KOPFSCHUSS GETOeTETAPA/HERBERT P. OCZERET
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Der 43-jährige Tschetschene hatte in Interviews schwere Vorwürfe gegen Regierungskreise in Grosny erhoben. Er machte Details über politische Auftragsmorde in Europa öffentlich und wurde nun wohl selbst zum Opfer.

Recherchen der „Presse“ legen nahe, dass das Gewaltverbrechen in Gerasdorf (Bezirk Korneuburg, NÖ) an einem 43-jährigen Tschetschenen ein politischer Auftragsmord war. Das Opfer hatte Regierungskreise in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny schwer belastet und wurde zuletzt persönlich bedroht.

Noch sind die offiziellen Informationen über die Bluttat, die sich am Samstagabend ereignet hatte, spärlich. Der 43-Jährige wurde kurz nach 19 Uhr bei der Einfahrt in eine Baufirma erschossen. Tatverdächtig ist ein 47-Jähriger, der später in Linz gestellt wurde. Er steht unter Mordverdacht und wurde in die Justizanstalt Korneuburg gebracht. Ein zweiter Mann wurde am Sonntag verhaftet.

Das Opfer heißt Mamichan U., geboren am 17. März 1977, ein hochgewachsener Mann mit kahlem Haupt. Er stammte aus dem tschetschenischen Dorf Mesker-Jurt und ist aus Gründen politischer Verfolgung im Jahr 2005 nach Österreich gekommen, wo er 2007 als Flüchtling anerkannt wurde. Sein österreichischer Konventionspass ist auf den Namen Martin B. ausgestellt. Unter Tschetschenen ist es nicht unüblich, in der neuen Heimat einen neuen Namen anzunehmen.

Kooperation mit Verfassungsschutz

Jedenfalls war der 43-Jährige unlängst mit explosiven Enthüllungen an die Öffentlichkeit getreten. Er hatte geschildert, wie Personen aus dem Kreis des tschetschenischen Machthabers Ramsan Kadyrow mehrere Auftragsmorde in Europa bestellt hätten. Nach zwei blutigen Kriegen lenkt Kadyrow (43) seit 2007 die Geschicke der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Er hat die Republik auf strammen Kreml-Kurs gebracht. Auf sein Konto gehen viele Menschenrechtsverbrechen. Des Weiteren wird ihm die brutale Ausschaltung politischer Gegner vorgeworfen – auch im Ausland.

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