Druck der Banken: "Basel III"-Regeln abgeschwächt

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Die Banken hatten gedroht, dass sie bei zu harten Vorschriften oder einer zu schnellen Einführung die Kreditversorgung drosseln müssten. EZB-Chef Jean-Claude Trichet spricht dennoch von einem "Meilenstein".

Die Proteste von Banken und nationalen Aufsehern gegen die verschärften Spielregeln für die Branche haben zum Teil gefruchtet. Der Gouverneursrat, das Aufsichtsgremium des Baseler Ausschusses, schwächte am Montagabend in Basel einige Elemente des Reformpakets ab, das von Ende 2012 an eingeführt werden soll.

Die von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet angeführten Aufseher der Aufseher versprachen nun, den Banken ausreichend Zeit zu geben, um das geforderte Mehr an Eigenkapital aufzubauen. Das geht aus einer Mitteilung zu den unter dem Stichwort "Basel III" bekannten Reformen hervor.

"Meilenstein" für Bankensektor

Trichet sprach von einem Meilenstein auf dem Weg zur Stärkung der Widerstandskraft des Bankensektors. Die Aufseher wollen verhindern, dass die Banken in der nächsten Krise wieder auf Hilfe der Regierungen angewiesen sind. Deshalb sollen sie ihr Geschäft mit mehr Eigenkapital unterlegen, das im Krisenfall nicht so leicht abgezogen werden kann.

Der niederländische Notenbankchef Nout Wellink, der dem Baseler Ausschuss vorsitzt, sagte, viele Institute hätten schon große Fortschritte bei der Kapital- und Liquiditätsausstattung gemacht.

Keine zu engen Fesseln für die Banken

Zugleich sollen dem Sektor keine zu engen Fesseln angelegt werden. Trichet versprach der Mitteilung zufolge: "Wir werden Übergangsregelungen schaffen, die sicherstellen, dass der Bankensektor den wirtschaftlichen Aufschwung unterstützen kann."

Die Banken hatten gedroht, dass sie bei zu harten Vorschriften oder einer zu schnellen Einführung die Kreditversorgung drosseln müssten. Dazu soll der Ausschuss im August seine Einschätzungen veröffentlichen, wie sich die Reformen auf die Realwirtschaft auswirken würden.

Baseler Ausschuss drückt auf das Tempo

Beim Zeitplan für die Verabschiedung des Reformpakets drückt der Baseler Ausschuss auf das Tempo. Die mit Spannung erwarteten Zahlen - etwa zu den künftigen Mindesteigenkapitalquoten - sowie die Übergangsfristen sollen von den Aufsehern im September endgültig festgezurrt werden.

Im November müssen die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer das Paket noch absegnen. Eingeführt werden soll das neue Regelwerk Ende 2012.

Streit um Minderheitenkapital

Zugeständnisse machten die Aufseher unter anderem bei der Bewertung von Minderheitsbeteiligungen der Banken an anderen Instituten. Das dort liegende Kapital sollen sie sich nun doch anteilig als Kernkapital anrechnen lassen können, ebenso wie Steuerguthaben. Das wäre ein wichtiger Schritt für die österreichischen Großbanken - darunter Erste Group und Raiffeisen.

"Ob das ausreicht, kann man erst in einem Gesamtkonzept beurteilen", sagte Österreichs Banken-Spartenchef in der Wirtschaftskammer Österreich, Herbert Pichler. Er fordert jetzt eine neue Auswirkungsstudie.

Punkte, die abgeschwächt wurden:

  • Die in den USA seit langem gebräuchliche, aber in Frankreich, Deutschland und auch Österreich umstrittene Verschuldungsquote (Leverage Ratio) der Banken soll frühestens 2018 verbindlich eingeführt werden, wenn sie sich vorher bewährt. Veröffentlicht werden muss sie ab 2015. Sie lässt die mit den Krediten verbundenen Risiken außer Acht und läuft dem Ansatz der europäischen Aufseher zuwider.
  • Auch die sogenannte Net Stable Funding Ratio (NSFR), ein Liquiditätspuffer für Krisenzeiten, der den Bedarf der Banken an flüssigen Mitteln stark anschwellen ließe, soll erst auf Tauglichkeit überprüft und vor 2018 nicht vorgeschrieben werden.
  • Bewegung zeichnet sich auch in der Frage ab, ob Liquidität nicht nur in Staatsanleihen, sondern auch in Papieren gut bewerteter Unternehmen gehalten werden kann.

(Ag.)

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