SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Rudas setzt auf Konsens mit den Sozialpartnern, Innenministerin Fekter will notfalls Alleingang.
WIEN (pö/APA). Es sollte eines der nächsten gemeinsamen Projekte dieser Regierung werden: die Rot-Weiß-Rot-Card, mit der hoch qualifizierte Ausländer nach Österreich geholt werden, damit sie Lücken auf dem Arbeitsmarkt schließen. Bis Herbst wolle man die Kriterien für die Rot-Weiß-Rot-Card (auch „A-Card“) festlegen, haben in den Vortagen ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger sowie SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer betont. Es galt schon als beinahe ausgemacht, dass die rot-schwarze Koalition im Herbst, möglicherweise nach den Landtagswahlen in Wien und der Steiermark, die A-Card fixiert.
Immerhin steht das Projekt im Koalitionsabkommen von Ende 2008. Die Debatte über die Zuwandererkarte in Schwung gebracht hat zuletzt Minister Spindelegger, der auch Chef des Arbeiter- und Angestelltenbundes der ÖVP (ÖAAB) ist, in einem Interview mit der „Presse am Sonntag“. Für ihn braucht es die A-Card ehestmöglich, rund 100.000 Zuwanderer sollten bis 2030 gezielt für Österreich angeworben werden.
Am Freitag bremste jedoch SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas. Sie will in jedem Fall die Sozialpartner in die Gestaltung der A-Card einbinden, wie das ursprünglich auch die ÖVP geplant hat. „Ohne Zustimmung der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer wird es da nichts geben“, sagte Rudas im Ö1-„Mittagsjournal“ zur Entscheidungsfindung.
Ob es tatsächlich noch im Herbst zu einer A-Card kommen wird, wollte sie nicht sagen. „Ich möchte mich nicht auf ein Datum festlegen, da gibt es noch einigen Diskussionsbedarf.“ „Dass wir einfach fehlende Arbeitskräfte durch ausländische Arbeitskräfte ersetzen“ und die Wirtschaft, wie es ihr „Wunsch“ sei, „nicht in Ausbildung und Weiterbildung investiere“, werde es jedenfalls nicht spielen, sagte Rudas.
„Brauchen Ingenieur statt Analphabeten“
ÖVP-Innenministerin Maria Fekter hatte davor bezweifelt, dass eine Einigung der Regierung mit den Sozialpartnern auf eine A-Card bis Herbst gelingen könnte. Bremsen die Sozialpartnern, dann könnte die Regierung aber auch allein über die Kriterien für die Zuwandererkarte entscheiden, so Fekter im Gegensatz zu Rudas. Die Ministerin kann sich eine Zuwandererkarte gut vorstellen, sofern diese genau festlegt, wer ins Land kommen und hier arbeiten darf. Derzeit nehme Österreich buchstäblich, „was kommt“, klagte die Ministerin: „Wir behandeln den Analphabeten aus der Bergregion ganz genau so wie den Maschinenbau-Ingenieur, den wir dringend brauchen.“
Die Gewerkschaft wehrte sich gegen die Befürchtungen Fekters, mit der Rot-Weiß-Rot-Card werde es noch dauern. Alle Aufgaben, die man den Sozialpartnern in der Vergangenheit gestellt hat, habe man rechtzeitig bewältigt, sagte dazu die Vizepräsidentin des Gewerkschaftsbundes (ÖGB), Sabine Oberhauser (SPÖ). Man arbeite in der Sozialpartnerschaft nun „mit Volldampf“ an der Erstellung der Kriterien. Die Kriterien müssten auf die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt ausgerichtet sein, damit Ausländer in Österreich dann nicht arbeitslos seien, meinte Oberhauser. Auch die Arbeiterkammer (AK) hatte zuletzt darauf gepocht, dass zuerst Jobsuchende im Inland höherqualifiert werden sollten, ehe die Zuwanderung angekurbelt wird.
Heftige Kritik am Projekt A-Card kam am Freitag erneut von FPÖ und BZÖ. FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl ärgerte sich über „immer neue Importideen für Zuwanderer“. Die Ausbildung im Inland müsse gestärkt werden. BZÖ-Obmann Josef Bucher meinte, „abgesehen von einer kleinen Anzahl von Schlüsselarbeitskräften“ gebe es ohnehin keinen Bedarf aus dem Ausland.
„Aufenthaltspflicht“ für Asylwerber offen
Fortschritte sieht Fekter bei den Verhandlungen mit der SPÖ über die „Aufenthaltspflicht“ für Asylsuchende, die sie forciert. Nach der Sommerpause und jedenfalls vor den Landtagswahlen in der Steiermark und in Wien werde man die Materie dem Parlament vorlegen können, sagte sie. Die SPÖ-Bundespartei will bei der „Aufenthaltspflicht“ hingegen noch nicht von einer Einigung sprechen. Die Gespräche würden laufen, hieß es. Ein Verhandlungsergebnis könne „nicht vorweggenommen werden“.
AUF EINEN BLICK
■Im Regierungspakt hat die rot-schwarze Koalition festgeschrieben, die Zuwanderung von Ausländern mittels Rot-Weiß-Rot-Card und eines Kriterienkatalogs zu regeln. Um das Projekt war es lange ruhig gewesen, bis Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) zuletzt die Diskussion um eine „aktive“ Zuwanderungspolitik neu entfacht hat. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) will bis Herbst eine Einigung der Sozialpartner (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände) über die Zuwandererkarte. SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas dämpft aber die Erwartungen auf eine schnelle Einigung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2010)