Novelle

Verfassungsrechtler hält neue Coronagesetze für "viel zu unklar"

(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Betretungsverbote für „bestimmte Orte" und "öffentliche Orte" verstärken die Unklarheit, kritisiert der Verfassungsrechtler. Und mit der neuen Tracing-Bestimmung seien "Konflikte vorprogrammiert“, ist Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk überzeugt.

Die vom Gesundheitsministerium vorgelegte Novelle zum Covid-19-Gesetz ist aus Sicht von Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk nicht wirklich geeignet, um die durch den VfGH-Spruch offenbar gewordenen Probleme zu lösen. Die neue Bestimmung für Betretungsverbote bringe "mehr Unklarheit als bisher". Und mit der neuen Kontakt-Tracing-Regelung seien "Konflikte vorprogrammiert", sagte Funk.

Jedenfalls repariert werden muss, meint Funk, an dem Gesetzesentwurf genau die Bestimmung, mit der Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes reagiert. Damit war seine Verordnung zu den Ausgangsbeschränkungen aufgehoben worden, weil sie über den vom Gesetz gesteckten Rahmen hinausging. Dieses lässt bisher nämlich keine Beschränkungen für den öffentlichen Raum generell zu.

Was sind „bestimmte Orte“?

Deshalb soll jetzt laut Ministerium eine gesetzliche Grundlage für eine "aus epidemiologischer Sicht notwendige Regelung" zum "Betreten öffentlicher Orte schlechthin" geschaffen werden. Der Minister soll ermächtigt werden, beim Auftreten von Covid-19 per Verordnung "das Betreten von 1. bestimmten Orten oder 2. öffentlichen Orten" zu regeln - es also zu verbieten oder nur mit bestimmten Auflagen oder Voraussetzungen zuzulassen.

Das lasse aber sowohl sprachlich als auch in der Sache "große Zweifel offen und schafft mehr Unklarheit als bisher", befand Funk. Die Unterscheidung zwischen "bestimmten Orten" (gemeint wohl die im vorangehenden Paragrafen genannten Betriebsstätten, Arbeitsorte und Verkehrsmittel) und "öffentlichen Orten" in ihrer Gesamtheit sei logisch unplausibel und mache rechtlich "praktisch eine völlige Unbestimmtheit" auf.

„Heiße Kartoffel“ Betrieben zugeschoben

"Rechtspolitische Unschärfe" attestierte Funk auch der Regelung, mit der das Auffinden und die Information von Kontaktpersonen bei einem Krankheitsfall verbessert werden soll. Dafür sollen Betriebe, Veranstalter und Vereine verpflichtet werden, Kontaktdaten von Gästen, Besuchern, Kunden und Mitarbeitern für 28 Tage aufzubewahren und den Gesundheitsbehörden im Anlassfall zur Verfügung zu stellen - aber nur, wenn die Betroffenen ausdrücklich zustimmen. Gleichzeitig wird in den Erläuterungen festgehalten, dass der Eintritt zu Veranstaltungen oder eine Dienstleistung nicht verweigert werden darf, wenn die Einwilligung zur Datenverarbeitung nicht gegeben wird.

Da habe man die "heiße Kartoffel" zu den Betrieben verschoben, konstatierte Funk, denn sie hätten damit die Verantwortung für eine mögliche Erhöhung der Ansteckungsgefahr, wenn sie Leute ohne Aufnahme der Kontaktdaten zu Veranstaltungen zulassen müssen - weil sie ihnen nicht den Zutritt verwehren können. Konflikte seien damit vorprogrammiert, stellte der Verfassungsrechtler fest.

(apa/red.)

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