Coronahilfe

Blümel schießt gegen „Elfenbeinturm“ der EU

Finanzminister Gernot Blümel kritisiert die EU in einem Brief scharf
Finanzminister Gernot Blümel kritisiert die EU in einem Brief scharf(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Die Differenzen Österreichs mit der EU wegen des Fixkostenzuschusses gehen weiter. Der Finanzminister legt in einem Brief an die EU-Wettbewerbskommissarin nach und ist über die Vertretung in Wien „empört“.

Wien. Der Brief beginnt höflich: „Sehr geehrte Fr. Vizepräsidentin“, schreibt Finanzministerin Gernot Blümel (ÖVP) an EU-Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager, Rue de la Loi, 1049 Brussels. Was dann auf zweieinhalb Seiten folgt, ist weniger höflich. Blümel hält mit seinem Ärger über das Hinterfragen des Fixkostenzuschusses durch die EU nicht zurück.

Dass die Beamten die angespannte wirtschaftliche Situation für alle heimischen Unternehmen hinterfragen und auf die gute Buchungslage etwa der Hotellerie in Kärnten verweisen, kommentiert der Finanzminister in dem am Dienstag abgeschickten Brief, der der „Presse“ vorliegt, wörtlich so: „Wenn nun die Beamten der EU-Wettbewerbskommission Österreich tatsächlich fragen, ob es denn tatsächlich noch eine Krisensituation in Österreich gibt und die Notwendigkeit unserer Krisen-lnstrumente anzweifeln, dann kann eine solche Einschätzung nur einem Dasein im Elfenbeinturm entspringen.“

Blümel vermutet „Missverständnis"

Blümel meint, es könne sich wohl nur „um ein Missverständnis“ handeln, dass der Fixkostenzuschuss hinterfragt wird (der Staat übernimmt bei einem Ausfall von mindestens 30 Prozent des Umsatzes bis zu 100 Prozent der Kosten etwa für Miete, Versicherungen, Strom usw.).

Er verweist in diesem Zusammenhang, wie bereits sein Ministerium in einem ersten Antwortschreiben, auf die Hilfen in Höhe von 540 und 750 Milliarden Euro, denen Österreich auf EU-Ebene zugestimmt hat: „Auch angesichts der Milliardenhilfen, die wir auf europäischer Ebene mit dem Argument der Solidarität und unter Aufhebung der fundamentalsten Regeln der europäischen Wertegemeinschaft in kürzester Zeit beschlossen haben, wäre dies keinesfalls nachvollziehbar.“

Kritik an Selmayr

Blümel lädt Kommissarin Vestager zu einem Gespräch mit Vertretern der betroffenen Branchen nach Wien ein, das Treffen soll am 15. September stattfinden.

Für zusätzlichen Unmut beim Minister sorgte ein Gespräch der „Presse“ mit dem Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, Martin Selmayr. Selmayr zeigte sich darin über die Aufregung in Wien über das Hinterfragen der Förderungen verwundert. Denn die Exekutierung der Binnenmarktregeln gehöre zu den ureigensten Aufgaben der EU-Kommission. Selmayr weiter: „Aber wir haben natürlich auch registriert, dass es einen Wiener Wahlkampf gibt.“ Blümel ist ja bekanntlich ÖVP-Spitzenkandidat für die Wiener Gemeinderatswahl.

In einer Aussendung reagierte Blümel am Dienstag „empört“ auf die Aussagen Selmayrs. Die Äußerungen zeigten „von einer unfassbaren Überheblichkeit gegenüber der Wiener Stadthotellerie“. Den Einsatz für existenzgefährdete Unternehmen als Wahlkampf abzutun, zeuge „von einem Unvermögen, die Lage in Wien richtig einzuschätzen“.

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